Freitag, 29. Februar 2008

Gehirn flüssig, Sperma schleimig

Vielleicht hätte ich doch auf einen Bekannten von mir hören sollen, der mich einst warnte, zuviel Hegel-Lektüre könne sich auf die geistigen Fähigkeiten ungünstig auswirken. Er sagte: "Hegel macht dein Hirn matschig." Ich meinte damals in meinem grenzenlosen jugendlichen Leichtsinn, sorglos diese Warnung in den Wind schlagen zu können. Doch jetzt muss ich einsehen, dass er wohl recht hatte. Seit Wochen und Monaten schon stelle ich eine schleichende Erweichung unter der Schädeldecke fest ("Wie kann sie das feststellen?", wird der Leser fragen, aber auf derartige Feinheiten kann hier aus Platzgründen leider nicht eingegangen werden) - gepaart mit außerordentlicher Unlust, mich auf konzentrierte Tätigkeit einzulassen. Alles löst sich in eine schwindelerregende "dialektische" Bewegung auf, die am Ende keinerlei Festigkeit zurücklässt und mich unfähig und untätig mit Kopfschmerzen in der Ecke liegend (flüssig). Ja, das ist es, was die gefährliche Hegelei mit einem anstellt! Kinder, lasst bloß die Finger davon!



Abb. 1: bes Gehirn nach der Hegel-Lektüre


Dennoch habe ich kürzlich eine wissenschaftliche Entdeckung gemacht, die von äußerst großer Tragweite ist. Eigentlich habe ich diese Entdeckung schon vor einer ganzen Weile gemacht, noch "vor Hegel" (obwohl die Natur dieser Entdeckung gewisse Zweifel daran erlaubt, ob mein Geist damals noch gänzlich frei von der Hegelschen Verflüssigung war), doch erst jetzt ist die Zeit reif, sie der Weltöffentlichkeit bekannt zu machen!
Diese Entdeckung ist von äußerster Bedeutung für unser aller tägliches Leben, sie betrifft unsere Existenz in ihren grundlegendsten Verrichtungen (Essen, Sex und Zähneputzen). Ich machte diese Entdeckung fast zufällig, und ihre Bedeutung war mir nicht sofort klar, doch inzwischen bin ich mir sicher, dass sie große Veränderungen herbeiführen wird. Ich halte es für extrem unwahrscheinlich, dass jemals irgendjemand vor mir diese erstaunliche Tatsache festgestellt hat, einfach weil sie zu offensichtlich ist:

Die Entdeckung betrifft die Natur der menschlichen Geschmacksnerven:

Nämlich:

MAN SCHMECKT NUR ETWAS, WENN DIE GESCHMACK ERZEUGENDE SUBSTANZ AUF DER ZUNGE BEWEGT WIRD! Geschmack bedeutet Bewegung!! Wenn man dagegen einen schmackhaften Gegenstand lediglich ruhig auf der Zunge liegen hat, ohne dass er bewegt wird, DANN SCHMECKT MAN AUCH NICHTS! Hegel hatte recht! Das Absolute ist Bewegung, nichts existiert außer der Bewegung!
Wie, so werden die Leser ungläubig fragen, kann sie nur diese unwahrscheinliche und revolutionäre Entdeckung gemacht haben? Ja, WIE? Ich werde es euch verraten: Ich machte sie - es ist wirklich wahr - beim Oralsex. Abb.2: bes haarige Zunge

Das klingt jetzt natürlich, als würde ich mutwillig schlüpfrige Anekdoten unterbringen, um Aufmerksamkeit zu erheischen, aber so ist es nicht! Schließlich muss seriöse Wissenschaft auch den Mut haben, die Quellen ihrer Entdeckungen ohne Tabus freizulegen!
Also, es ist ja bekanntlich so, dass Sperma nicht in jedem Fall ganz unbedingt wie eine ausgesprochene Delikatesse schmeckt (das ist jedenfalls der Stand meiner Beobachtung). Sondern eher manchmal so ein klein wenig nicht ganz so lecker, sondern bitter und komisch eiweißig (und be mag bekanntlich keine Eier). Jedenfalls ohne die entsprechende Zubereitung und Würzung. Und eines Tages machte ich die überraschende Entdeckung, dass ich von dem Sperma rein gar nichts schmeckte, solange ich es nicht auf der Zunge bewegte.




Abb.3: be in jungen Jahren beim Zähneputzen

Soviel zu meiner wissenschaftlichen Sensation. Ich denke, die Anwendungsmöglichkeiten sind vielfältig. Äußerst vielfältig. So vielfältig, dass es sich eigentlich erübrigt, einzelne aufzuzählen, wie etwa die Erfindung eines Mechanismus, der schlechtschmeckende, aber zum Beispiel vielleicht möglicherweise gesunde Nahrung in stetigen Intervallen über die Zunge transportiert, so dass sie sich zu jedem einzelnen Zeitpunkt in Ruhe befindet, und also keine Bewegung stattfindet - etwa so, wie sich Zenon das in seinen Bewegungs-Paradoxa vorstellte. Dafür müsste vermutlich nur die Natur der Raumzeit verändert werden.

Dienstag, 12. Februar 2008

Hegel elitär für alle

Warum nicht mal wieder (nach ungefähr mehreren Monaten) ein "Zitat der Woche"! Schließlich soll die vermaledeite Hegel-Lektüre, mit der ich gerade beschäftigt bin, auch zu was gut sein. Wenn ich schon von der "Phänomenologie" nicht viel verstehe, dann dafür umso besser diese Stelle aus dem kurzen Aufsatz "Wer denkt abstrakt?" von 1807 - eine sehr treffende Darstellung, wie ich finde:

"Alte, ihre Eier sind faul, sagt die Einkäuferin zur Hökersfrau. Was, entgegnet diese, meine Eier faul? Sie mag mir faul sein! Sie soll mir das von meinen Eiern sagen? Sie? Haben ihren Vater nicht die Läuse an der Landstraße aufgefressen, ist nicht ihre Mutter mit den Franzosen fortgelaufen und ihre Großmutter im Spital gestorben, - schaff sie sich für ihr Flitterhalstuch ein ganzes Hemd an; man weiß wohl, wo sie dies Halstuch und ihre Mützen her hat; wenn die Offiziere nicht wären, wär jetzt manche nicht so geputzt, und wenn die gnädigen Frauen mehr auf ihre Haushaltung sähen, säße manche im Stockhause, - flick sie sich nur die Löcher in den Strümpfen! - Kurz, sie läßt keinen guten Faden an ihr. Sie denkt abstrakt und subsumiert sie nach Halstuch, Mütze, Hemd usf. wie nach den Fingern und anderen Partien, auch nach [dem] Vater und der ganzen Sippschaft, ganz allein unter das Verbrechen, daß sie die Eier faul gefunden hat; alles an ihr ist durch und durch mit diesen faulen Eiern gefärbt, dahingegen jene Offiziere, von denen die Hökersfrau sprach - wenn anders, wie sehr zu zweifeln, etwas daran ist -, ganz andere Dinge an ihr zu sehen bekommen mögen."

Das Aufsatz ist wirklich sehr kurz, den könnte ja jeder mal schnell lesen, falls er Lust hat. Weil er so kurz ist, zitiere ich einfach den ganzen Aufsatz hier mal (das ist bestimmt total illegal) - als Service an der philosophischen Bildung des Lesers:

WER DENKT ABSTRAKT?1)
[1807]
Denken? Abstrakt? - Sauve qui peut! Rette sich, wer kann! So höre ich schon einen vom Feinde erkauften Verräter ausrufen, der diesen Aufsatz dafür ausschreit, daß hier von Metaphysik die Rede sein werde. Denn
Metaphysik ist das Wort, wie abstrakt und beinahe auch Denken, ist das Wort, vor dem jeder mehr oder minder wie vor einem mit der Pest Behafteten davonläuft.
Es ist aber nicht so bös gemeint, daß, was denken und was abstrakt sei, hier erklärt werden sollte. Der schönen Welt ist nichts so unerträglich als das Erklären. Mir selbst ist es schrecklich genug, wenn einer zu erklären anfängt, denn zur Not verstehe ich alles selbst. Hier zeigte sich die Erklärung des Denkens und des Abstrakten ohnehin schon als völlig überflüssig; denn gerade nur, weil die schöne Welt schon weiß, was das Abstrakte ist, flieht sie davor. Wie man das nicht begehrt, was man nicht kennt, so kann man es auch nicht hassen.
Auch wird es nicht darauf angelegt, hinterlistigerweise die schöne Welt mit dem Denken oder dem Abstrakten versöhnen zu wollen; etwa daß unter dem Scheine einer leichten Konversation das Denken und das Abstrakte eingeschwärzt werden sollte, so daß es unbekannterweise, und ohne eben einen Abscheu erweckt zu haben, sich in die Gesellschaft eingeschlichen [hätte] und gar von der Gesellschaft selbst unmerklich hereingezogen oder, wie die Schwaben sich ausdrücken, hereingezäunselt worden wäre und nun der Autor dieser Verwicklung diesen sonst fremden Gast, nämlich das Abstrakte, aufdeckte, den die ganze Gesellschaft unter einem anderen Titel als einen guten Bekannten behandelt und anerkannt hätte. Solche Erkennungsszenen, wodurch die Welt wider Willen belehrt werden soll, haben den nicht zu entschuldigenden Fehler an sich, daß sie zugleich beschämen und der Machinist sich einen kleinen Ruhm erkünsteln wollte, so daß jene Beschämung und diese Eitelkeit die Wirkung aufheben, denn sie stoßen eine um diesen Preis erkaufte Belehrung vielmehr wieder hinweg.
Ohnehin wäre die Anlegung eines solchen Planes schon verdorben; denn zu seiner Ausführung wird erfordert, daß das Wort des Rätsels nicht zum voraus ausgesprochen sei. Dies ist aber durch die Aufschrift schon geschehen; in dieser, wenn dieser Aufsatz mit solcher Hinterlist umginge, hätten die Worte nicht gleich von Anfang auftreten dürfen, sondern, wie der Minister in der Komödie, das ganze Spiel hindurch im Überrocke herumgehen und erst in der letzten Szene ihn aufknöpfen und den Stern der Weisheit herausblitzen lassen müssen. Die Aufknöpfung eines metaphysischen Überrocks nähme sich hier nicht einmal so gut aus wie die Aufknöpfung des ministeriellen, denn was jene an den Tag brächte, wäre weiter nichts als ein paar Worte; denn das Beste vom Spaße sollte ja eigentlich darin liegen, daß es sich zeigte, daß die Gesellschaft längst im Besitze der Sache selbst war; sie gewänne also am Ende nur den Namen, dahingegen der Stern des Ministers etwas Reelleres, einen Beutel mit Geld, bedeutet.
Was Denken, was abstrakt ist - daß dies jeder Anwesende wisse, wird in guter Gesellschaft vorausgesetzt, und in solcher befinden wir uns. Die Frage ist allein danach, wer es sei, der abstrakt denke. Die Absicht ist, wie schon erinnert, nicht die, sie mit diesen Dingen zu versöhnen, ihr zuzumuten, sich mit etwas Schwerem abzugeben, ihr ins Gewissen darüber zu reden, daß sie leichtsinnigerweise so etwas vernachlässige, was für ein mit der Vernunft begabtes Wesen rang- und standesgemäß sei. Vielmehr ist die Absicht, die schöne Welt mit sich selbst darüber zu versöhnen, wenn sie sich anders eben nicht ein Gewissen über diese Vernachlässigung macht, aber doch vor dem abstrakten Denken als vor etwas Hohem einen gewissen Respekt wenigstens innerlich hat und davon wegsieht, nicht weil es ihr zu gering, sondern weil es ihr zu hoch, nicht weil es zu gemein, sondern zu vornehm, oder umgekehrt, weil es ihr eine Espèce, etwas Besonderes zu sein scheint, etwas, wodurch man nicht in der allgemeinen Gesellschaft sich auszeichnet, wie durch einen neuen Putz, sondern wodurch man sich vielmehr, wie durch ärmliche Kleidung oder auch durch reiche, wenn sie auch aus alt gefaßten Edelsteinen oder einer noch so reichen Stickerei besteht, die aber längst chinesisch geworden ist, von der Gesellschaft ausschließt oder sich darin lächerlich macht.
Wer denkt abstrakt? Der ungebildete Mensch, nicht der gebildete. Die gute Gesellschaft denkt darum nicht abstrakt, weil es zu leicht ist, weil es zu niedrig ist, niedrig nicht dem äußeren Stande nach, nicht aus einem leeren Vornehmtun, das sich über das wegzusetzen stellt, was es nicht vermag, sondern wegen der inneren Geringheit der Sache.
Das Vorurteil und die Achtung für das abstrakte Denken ist so groß,
daß feine Nasen hier eine Satire oder Ironie zum voraus wittern werden; allein, da sie Leser des Morgenblattes2) sind, wissen sie, daß auf eine Satire ein Preis gesetzt ist und daß ich also ihn lieber zu verdienen glauben und darum konkurrieren als hier schon ohne weiteres meine Sachen hergeben würde.
Ich brauche für meinen Satz nur Beispiele anzuführen, von denen jedermann zugestehen wird, daß sie ihn enthalten. Es wird also ein Mörder zur Richtstätte geführt. Dem gemeinen Volke ist er nichts weiter als ein Mörder. Damen machen vielleicht die Bemerkung, daß er ein kräftiger, schöner, interessanter Mann ist. Jenes Volk findet die Bemerkung entsetzlich: was, ein Mörder schön? wie kann [man] so schlecht denkend sein und einen Mörder schön nennen; ihr seid auch wohl etwas nicht viel Besseres! Dies ist die Sittenverderbnis, die unter den vornehmen Leuten herrscht, setzt vielleicht der Priester hinzu, der den Grund der Dinge und die Herzen kennt.
Ein Menschenkenner sucht den Gang auf, den die Bildung des Verbrechers genommen, findet in seiner Geschichte schlechte Erziehung, schlechte Familienverhältnisse des Vaters und der Mutter, irgendeine ungeheure Härte bei einem leichteren Vergehen dieses Menschen, die ihn gegen die bürgerliche Ordnung erbitterte, eine erste Rückwirkung dagegen, die ihn daraus vertrieb und es ihm jetzt nur durch Verbrechen sich noch zu erhalten möglich machte. - Es kann wohl Leute geben, die, wenn sie solches hören, sagen werden: der will diesen Mörder entschuldigen! Erinnere ich mich doch, in meiner Jugend einen Bürgermeister klagen gehört [zu haben], daß es die Bücherschreiber zu weit treiben und Christentum und Rechtschaffenheit ganz auszurotten suchen; es habe einer eine Verteidigung des Selbstmordes geschrieben; schrecklich, gar zu schrecklich! - Es ergab sich aus weiterer Nachfrage, daß Werthers Leiden verstanden waren.
Dies heißt abstrakt gedacht, in dem Mörder nichts als dies Abstrakte, daß er ein Mörder ist, zu sehen und durch diese einfache Qualität alles übrige menschliche Wesen an ihm [zu] vertilgen. Ganz anders eine feine, empfindsame Leipziger Welt. Sie bestreute und beband das Rad und den Verbrecher, der darauf geflochten war, mit Blumenkränzen. - Dies ist aber wieder die entgegengesetzte Abstraktion. Die Christen mögen wohl Rosenkreuzerei oder vielmehr Kreuzroserei treiben, das Kreuz mit Rosen umwinden. Das Kreuz ist der längst geheiligte Galgen und Rad. Es hat seine einseitige Bedeutung, das Werkzeug entehrender Strafe zu sein, verloren und kennt im Gegenteil die Vorstellung des höchsten Schmerzes und der tiefsten Verwerfung, zusammen mit der freudigsten Wonne und göttlicher Ehre. Hingegen das Leipziger [Kreuz], mit Veilchen und Klatschrosen eingebunden, ist eine Kotzebuesche Versöhnung, eine Art liederlicher Verträglichkeit der Empfindsamkeit mit dem Schlechten.
Ganz anders hörte ich einst eine gemeine alte Frau, ein Spitalweib, die Abstraktion des Mörders töten und ihn zur Ehre lebendig machen. Das abgeschlagene Haupt war aufs Schaffot gelegt, und es war Sonnenschein; wie doch so schön, sagte sie, Gottes Gnadensonne Binders Haupt beglänzt! - Du bist nicht wert, daß dich die Sonne bescheint, sagt man zu einem Wicht, über den man sich erzürnt. Jene Frau sah, daß der Mörderkopf von der Sonne beschienen wurde und es also auch noch wert war. Sie erhob ihn von der Strafe des Schaffots in die Sonnengnade Gottes, brachte nicht durch ihre Veilchen und ihre empfindsame Eitelkeit die Versöhnung zustande, sondern sah in der höheren Sonne ihn zu Gnaden aufgenommen.
Alte, ihre Eier sind faul, sagt die Einkäuferin zur Hökersfrau. Was, entgegnet diese, meine Eier faul? Sie mag mir faul sein! Sie soll mir das von meinen Eiern sagen? Sie? Haben ihren Vater nicht die Läuse an der Landstraße aufgefressen, ist nicht ihre Mutter mit den Franzosen fortgelaufen und ihre Großmutter im Spital gestorben, - schaff sie sich für ihr Flitterhalstuch ein ganzes Hemd an; man weiß wohl, wo sie dies Halstuch und ihre Mützen her hat; wenn die Offiziere nicht wären, wär jetzt manche nicht so geputzt, und wenn die gnädigen Frauen mehr auf ihre Haushaltung sähen, säße manche im Stockhause, - flick sie sich nur die Löcher in den Strümpfen! - Kurz, sie läßt keinen guten Faden an ihr. Sie denkt abstrakt und subsumiert sie nach Halstuch, Mütze, Hemd usf. wie nach den Fingern und anderen Partien, auch nach [dem] Vater und der ganzen Sippschaft, ganz allein unter das Verbrechen, daß sie die Eier faul gefunden hat; alles an ihr ist durch und durch mit diesen faulen Eiern gefärbt, dahingegen jene Offiziere, von denen die Hökersfrau sprach - wenn anders, wie sehr zu zweifeln, etwas daran ist -, ganz andere Dinge an ihr zu sehen bekommen mögen.
Um von der Magd auf den Bedienten zu kommen, so ist kein Bedienter schlechter daran als bei einem Manne von wenigem Stande und wenigem Einkommen, und um so besser daran, je vornehmer sein Herr ist. Der gemeine Mensch denkt wieder abstrakter, er tut vornehm gegen den Bedienten und verhält sich zu diesem nur als zu einem Bedienten; an diesem einen Prädikate hält er fest. Am besten befindet sich der Bediente bei den Franzosen. Der vornehme Mann ist familiär mit dem Bedienten, der Franzose sogar gut Freund mit ihm; dieser führt, wenn sie allein sind, das große Wort, man sehe Diderots Jacques et son maître, der Herr tut nichts als Prisen-Tabak nehmen und nach der Uhr sehen und läßt den Bedienten in allem Übrigen gewähren. Der vornehme Mann weiß, daß der Bediente nicht nur Bedienter ist, sondern auch die Stadtneuigkeiten weiß, die Mädchen kennt, gute Anschläge im Kopfe hat; er fragt ihn darüber, und der Bediente darf sagen, was er über das weiß, worüber der Prinzipal frug. Beim französischen Herrn darf der Bediente nicht nur dies, sondern auch die Materie aufs Tapet bringen, seine Meinung haben und behaupten, und wenn der Herr etwas will, so geht es nicht mit Befehl, sondern er muß dem Bedienten zuerst seine Meinung einräsonieren und ihm ein gutes Wort darumgeben, daß seine Meinung die Oberhand behält.
Im Militär kommt derselbe Unterschied vor; beimpreußischen kann der Soldat geprügelt werden, er ist also eine Kanaille; denn was geprügelt zu werden das passive Recht hat, ist eine Kanaille. So gilt der gemeine Soldat demOffizier für dies Abstraktum eines prügelbaren Subjekts, mit dem ein Herr, der Uniform und Porte d'épée hat, sich abgeben muß, und das ist, um sich demTeufel zu ergeben.

1) Manuskript: Hegelnachlaß Stiftung preußischer Kulturbesitz. Erstdruck:
Werke Bd. XVII, 1835
2) Morgenblatt für gebildete Stände, erschien ab 1. 1. 1807; am 2. 1.
1807 wurde ein Preis für eine Satire ausgeschrieben, Einsendeschluß
1. 7. 1807.