Sonntag, 25. Februar 2007

Das "Wort" hat die Frau Bundeskanzlerin

In letzter Minute hier noch mein Zitat der Woche für die nun schon quasi zuende seiende Woche. In Deutschland wäre ich schon zu spät dran, aber hier in Dings, Timor, äh Quatsch, Kap Verde oder so, bin ich noch pünktlich. Das heutige Zitat ist etwas traurig, es soll nämlich die Deutschen an ihre beschämende Geschichte erinnern. Sie haben es, ohne von ihrem Widerstandsrecht auch nur ansatzweise Gebrauch zu machen, zugelassen, dass im Jahr der Schande 2005 am 30. November eine der sagenwirmal zehn grauenvollsten Regierungserklärungen in der Geschichte der sogenannten Bundesrepublik Deutschland verlesen wurde, und zwar von einer gewissen Angela Merkel, die noch immer "Bundeskanzlerin" ist. Die Exilregierung der DDR reißt sich vor Scham darüber die Achselhaare aus, dass im Heimatland vom Marx und Engels SOWAS regieren kann. Hier einige exemplarische Zitate, ich kann aber jedem ausreichend hartgesottenen Menschen nur empfehlen, mal den ganzen Text durchzulesen, um sich in aller gebotenen Drastik - oder, wie Frau Merkel vielleicht sagen würde: Drastigkeit - vor Augen zu führen, was für politische Zustände in Deutschland herrschen.

"Ich habe die neue Koalition eine 'Koalition der neuen Möglichkeiten' genannt. Ich wünsche mir, dass sie unserem Land und allen Deutschen neue Möglichkeiten eröffnet, und ich wünsche mir, dass wir diese Chancen dann auch wirklich nutzen und wahrnehmen. Das heißt für mich konkret: Der Anspruch der neuen Bundesregierung an sich und an das Land ist nicht gering. Wir wollen die Voraussetzungen schaffen, dass Deutschland in zehn Jahren wieder zu den ersten drei in Europa gehört. Ich finde, das ist ein legitimer und wichtiger Anspruch."
"Ich habe über die vermeintlich Schwachen gesprochen. Wir wissen, dass sie in Wahrheit oft stark sind und einen unverzichtbaren Beitrag für sich selbst und unser Gemeinwesen leisten können. Dies zu erkennen und auch zu nutzen macht den Wert von Gerechtigkeit in unserer Gesellschaft aus."
"Denn Arbeit heißt, wie wir alle wissen, mehr als Einkommen und Geld; Arbeit bedeutet vielmehr Würde und Selbstachtung für die betroffenen Menschen."
"Mehr Freiheit möglich machen für neue Gerechtigkeit: All diese Neuausrichtungen vom Arbeitsmarkt bis zum Aufbau Ost gehören zusammen. Sie dienen einem langfristigen Ziel: Wir wollen Deutschland stärken und wieder zum Motor in Europa machen."
"Wir haben uns viel vorgenommen, weil wir wissen, dass wir wirtschaftlich wieder stark werden können und dann auch das leben können, was die soziale Marktwirtschaft in unserem Land groß gemacht hat. Dann können wir nämlich den Widerspruch zwischen Arbeit und Kapital weiter ausgleichen und denen helfen, die sich heute noch auf der Schattenseite des Lebens befinden."
"Diese Koalition will Rituale überwinden und neue Wege aufzeigen. Viele werden sagen: Diese Koalition, die geht ja viele kleine Schritte und nicht den einen großen. Ich erwidere ihnen: Ja, genau so machen wir das. Denn wir glauben, dass auch das ein moderner Ansatz sein kann. Es hat sich herausgestellt, dass die Vernetzung von vielen kleinen Computern, an vielen Stellen, effektiver ist als der eine Großrechner - der Erfolg des Internets beruht auf genau dieser Philosophie. "

Jedes demokratische Land hat die Regierung, die es verdient. Sage nochmal einer was gegen Antideutsche.

Freitag, 23. Februar 2007

Nacktes Feuer und Giraffenstreifen

Hier in Australien ist übrigens alles down under, also verkehrtrum, verdreht und steht auf dem Kopf.

So gibt es beispielsweise nackte oder sich ausziehende Bäume, dafür sind die Leute hier alle angezogen. Ein seltsames Land!

Statt Zebrastreifen gibt es Giraffenstreifen.






Und das Wasser läuft linksrum ab, wie man hier eindeutig erkennen kann:

Kann mal jemand für mich nachschauen, wie das in der nördlichen Hemisphäre ist? - Danke.(Und was passiert auf dem Äquator? (Das ist jetzt posten auf dem Niveau von Kinderbüchern, aber was soll's))

Und: They drive "on the goddam wrong side of the road" (W. Allen)! Das ist gefährlich, sag ich euch!

Reisen bildet

Mit einiger Verzögerung hier mein erster Interkontinentaler Post.
Ich fange mal mit einer Auflistung von ein paar Beobachtungen an - es ist ja so enorm
beeindruckend, was man alles für spannende Sachen lernt, wenn man reist. Da will ich euch natürlich teilhaben lassen...

1) Als erstes muss ich mal diese Tastatur hier durchtesten, was für Zeichen man hier so machen kann...§1234567890'^qwertzuiopèäsdfghjkléà$<>YXCVBNM ;:_¦@#°§¬¢´~€[]{}\ - aha, interessant, also ein scharfes s scheint nicht zur Verfügung zu stehen. Auch schon mal eine Erkenntnis.

2) Der Flughafen in Dubai ist gar nicht besonders schick, luxuriös, ästhetisch beeindruckend, kitschig und goldglänzend. Sondern fällt durch einen eklatanten Mangel an einem einheitlichen Konzept auf und ist eigentlich mehr eine gigantische Einkaufsmeile, was zugegebenermassen auch irgendwie ins Bild passt.Nach wie vor steht also auf meiner (nicht sehr umfangreichen) Liste der schönsten Flughäfen der Flughafen Zürich ganz oben.

3) Seit kurzem gibt es ALDI auch in Melbourne, und das Tolle ist, dass sie es geschafft haben, exakt die Ästhetik deutscher Supermärkte hier zu reproduzieren. Dieses trostlose Flair von Billigprodukten in einem neonbeleuchteten Raum mit braun gefliesstem Boden, der zugleich leer und vollgestopft wirkt. Faszinierend. Dass das in Deutschland funktioniert ist ja seltsam genug, aber dass man sowas auch noch exportieren kann!

4) Meine vorerst letzte Bemerkung ist diese: Das Nachtleben ist hier genauso eklig wie überall anders auch. Vielleicht ein wenig ekliger als in Berlin. (Ups, jetzt habe ich mich geoutet.) Und "Wodka Lemon" scheint keine international verständliche Bezeichnung für ein bestimmtes Getränk zu sein. "Wodka Lemonade?" sagt die Barkeeperin und schenkt mir daraufhin sowas Ähnliches wie Wodka mit Sprite ein. War auch ok.

- Kleines Update hierzu: Ich habe festgestellt, auch im Supermarkt gibt es hier zwar alle möglichen Schweppes-Produkte, aber kein Bitter Lemon. Also trinkt man hier vielleicht deshalb keinen Wodka Lemon, weil es kein Bitter Lemon gibt.

Dienstag, 20. Februar 2007

Gut, schlecht, Buttermilch & ich - vier Worte, vier "t"s

Buttermilch ist ja sowieso nicht gut, manchmal aber muss man sie verbrauchen, weil sie sonst schlecht wird. Wenn einem dabei selber schlecht wird, ist das aber auch nicht besser. Und das nicht Bessere ist des Schlechten Freund. Noch schlechter als nicht gut ist es aber, Buttermilch mit Kaba zu veredeln. Das schmeckt nämlich ein bisschen wie Kotze. Ich hab's ausprobiert.

Montag, 19. Februar 2007

Außerdem ist Mehdorn doof und stinkt

Was andere können, kann ich schon lange. Zum Beispiel Stabhochsprung oder lustige "Anekdötchen" veröffentlichen, die es eigentlich nicht wert sind, gelesen zu werden. Hier ist der Beweis (folgenden Text habe ich beim Stabhochsprung geschrieben):

"Die Bahn" ist ein Unternehmen, das sich seinen Beliebtheitsgrad hart erarbeitet hat und stets bemüht ist, einen dementsprechenden Service zu bieten. Wir alle lieben "Die Bahn", weil sie so toll ist. Überhaupt kann man nichts schlechtes über "Die Bahn" sagen, schließlich ist sie für ein monopolistisches Unternehmen nicht einmal teuer. Anders als andere Großkonzerne behandelt "Die Bahn" ihre Kundschaft aber nicht als gesichtslose Masse, die nur Mittel zum Zweck der Realisierung des abgeschöpften Mehrwerts ist, sondern gemäß modernsten postmaterialistischen Werten, will heißen: hochindividuell. Ich habe es selbst erlebt, nämlich folgendermaßen.

Stellen Sie sich vor - was sich nämlich tatsächlich so zugetragen hat -, dass zwei Personen in Ausnutzung eines befristeten Sonderangebots je eine "BahnCard" erwerben. Sie erwerben die beiden "BahnCards" am selben Tag, am selben Bahnhof, am selben Schalter und praktisch zur selben Zeit (also direkt nacheinander, im Abstand von geschätzen drei Minuten). Beide Personen wollen ihr "BahnCard-Abonnement", das sie damit unweigerlich erworben haben, weil "Die Bahn" ein bisschen so funktioniert wie Jamba, nicht über das erste Jahr hinaus verlängern. Die zur Beendigung des Abos erforderliche Schriftform wahrend, schicken sie daher irgendwann, drei oder vier Werktage vor Ablauf der Frist, je eine Kündigung an "Die Bahn" bzw. an deren "BahnCard-Service", und zwar schicken sie beide Schreiben in ein und demselben Briefumschlag, um Porto zu sparen, quasi den einen Monopolisten gegen den anderen ausspielend. Beide Bahnkunden warten nun gleich lange, bevor sie am selben Tag je einen Brief von "Die Bahn" in ihrem gemeinsamen Briefkasten finden. Was wird wohl in den Briefen stehen?

Im ersten steht: "Briefkopf, Adressat, Absender, Kartennummer, Anrede, vielen Dank für Ihre Nachricht. Ihrem Wunsch entsprechend haben wir die automatishe Erneuerung der oben genannten BahnCard(s) storniert. Blablabla, blabla. Mit freundlichen Grüßen, Ihr BahnCard-Service, Unterschrift: i.A. Silke Loose."

Was aber steht wohl in dem zweiten Brief? Der, nebenbei bemerkt, nicht nur am selben Tag angekommen ist, sondern im Briefkopf auch dasselbe Datum trägt wie der erste? In ihm steht folgendes: "(wie oben), vielen Dank für Ihre Nachricht. Gemäß den Tarifbestimmungen der Deutschen Bahn AG ist eine Kündigung bis spätestens 6 Wochen vor Gültigkeitsbeginn jederzeit möglich. Leider lag ihre Kündigung nicht rechtzeitig bei uns vor. Im Rahmen einer einmaligen, persönlichen Kulanzleistung ohne Anerkennung einer Rechtsverpflichtung, die nicht auf andere Personen oder zukünftige Verträge zum Bezug der BahnCard übertragbar ist, haben wir jedoch in Ihrem Einzelfall ausnahmsweise die Erneuerung der BahnCard gestoppt und Ihr Abonnement storniert. Blablabla, wie oben. Mit freundlichen Grüßen, Ihr BahnCard-Service, Unterschrift: i.A. Silke Loose."

Frau Loose, die sich bitte bei uns melden möge, falls wir ihren Namen löschen sollen, ist eine intelligente Mitarbeiterin, vielleicht ein bisschen zu intelligent. Offenbar hat sie zuerst den hier zuletzt zitierten Standardbrief ausgedruckt und unterschrieben. Als sie dann an die Bearbeitung der zweiten Kündigung ging, fiel ihr auf, dass der ohnehin leicht groteske Eindruck, den das ins Lyrische hinüberspielende Antwortschreiben erweckt, sich ins schlechterdings Absurde steigern würde, wenn sie zwei gleichlautende Briefe an dieselbe Adresse schicken würde. Daher - so meine Vermutung - erhielt jene andere Person, die mit mir gemeinsam die "BahnCard" erworben und gekündigt hatte, den Standardbrief für pünktliche Kündigungen. Dazu möchte ich anmerken: Ja, das ist individueller Service, das ist die Effizienz der freien Wirtschaft, hier merkt man, die Privatisierung hat sich gelohnt, auch wenn wir jetzt das Doppelte zahlen und die Hälfte des Streckennetzes stillgelegt wurde! Aber auch: Nein, so ganz richtig ist es doch auch wieder nicht. Denn eigentlich geht man bei der Bewertung einer Kündigung nicht nach dem Bearbeitungsdatum - was weiß denn ich, wie lange die hypertrophe Bureaukratie dieses überdehnten monopolistischen Riesenunternehmens braucht, um mein Schreiben zu bearbeiten! -, sondern nach dem Datum des Poststempels, und dieses wies die Kündigungen als eindeutig fristgerecht aus. Ganz bestimmt!

Sonntag, 18. Februar 2007

Don't cry - work!



Der Revolutionär hat keine Angst, denn er weiß, dass ihm nichts Schlimmes passieren kann, solange die Revolution voranschreitet. Sein Streben gilt ihr alleine, er kämpft für sie. Was die Revolution voranbringt, ist auch für ihn gut; was der Revolution schadet, das schadet auch ihm.

Und sollte ihm Leid widerfahren, sollte ihm ein Unglück begegnen, sollte er Mitkämpfer verlieren, so erträgt er es, denn er weiß, dass er nur, wenn er stark ist, der Revolution dienen kann. Es hat keinen Sinn, sich in Trauer oder Furcht zu verkriechen, denn nur der Kampf führt zum Sieg der Revolution. Die glorreiche Zeit des Volkes ist nicht mehr fern.

Tausende und aber Tausende von Helden sind uns vorangegangen und haben mutig ihr Leben für die Interessen des Volkes hingegeben. Lasst uns ihre Fahne hochheben und vorwärtsschreiten auf dem mit ihrem Blut getränkten Weg!

Samstag, 17. Februar 2007

Jugendschrott

Ja aber ja aber ja aber schließlich sind sie ja selber schuld [aber]. Anders haben sie es ja nicht haben wollen. Immer nur haben haben haben, denn so ist die Jugend von heute. Ist ja [aber] auch kein Wunder, denn jede Gesellschaft produziert die Jugend, die sie verdient. Also, die sie sich nach gegebenem Stand der Produktionskräfte leisten kann. Diese Jugend wird dann früher oder später überholt, dann wird sie verschrottet und eine neue wird angeschafft. Ist auch besser so, denn was will man mit all der alten Jugend: hat ja keine street credibility mehr [aber], so graumeliert und mit langem Bart, vor allem auch die Mädels. Deshalb kann es auch nicht angehen, durch fortgesetztes Ignorieren einfach darüber hinweg sich zu setzen, hinweg, äh, über das Problem der Endlagerung des zu Würfeln gepressten Jugendschrotts. Denn so, das ist ja wohl klar [aber], setzt man sich langfristig nirgendwo hin, außer: in die Nesseln. Meine Damen und Herren, das ist die lautere Wahrheit: Wir leben in einer nesselsüchtigen Gesellschaft! Wir trauen uns nicht, den Tatsachen ins Gesicht zu sehen, denn es ist das verschrottete und in Würfel gepresste Gesicht unserer vorgestrigen Jugend! Die Würfel haben eine Kantenlänge von fast fünf Metern, erwähnte ich das schon? Es ist auch kein Wunder, ich an unserer Stelle würde das Problem auch verdrängen. Es erinnert uns an unsere - was uns nämlich sehr unangenehm daran ist, dass wir eine haben, verständlicherweise, und deshalb denken wir nicht dran, und an nichts, was uns dran erinnert - an unsere eigene Sterblichkeit. Man könnte sagen: da liegt der Hund begraben! Oder: Das ist des Pudels Kern![Ja] Aber natürlich in der umgekehrten Reihenfolge. Denn auch wir waren mal jung. Was hätten wir gemacht, wenn unsere Eltern uns einfach verschrottet hätten, damals? Diese Frage kann ich beantworten, denn sie steht in unseren Geschichtsbüchern. Wir hätten sie zuerst verschrottet! Jedenfalls hätte ich das getan, an unserer Stelle. Hätte man damals auf mich gehört, der Erfolg würde mir Recht gegeben haben! So[ja] aber zeugen nur unsere Geschichtsbücher davon. Das ist bedauerlich. Geschichtsbücher sind ja schön und gut, aber schon Lenin sagte: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Deshalb sollten wir nicht einfach blind unseren Geschichtsbüchern vertrauen, wir sollten kontrollieren, ob sie auch stimmen! Also, sozusagen, ich sage das jetzt in meinen eigenen Worten: ob die Vergangenheit sich auch daran hält. [Ja] Aber die ist ja schon [aber] vorbei, werden Sie sagen. Ja! [Aber!] Das ist richtig! Ebenso wie die Jugend der letzten Saison! So bedenken Sie doch. Wohin damit, oder, wie Lenin sagte: Was tun? Wenn der Linksradikalismus die Kinderkrankheit des Kommunismus ist, so ist die Jugendschrottentsorgung seine Pubertätsakne. Darum sollten wir, bevor wir uns um die Endlagerung des Jugendschrotts bemühen, den Kommunismus überhaupt erst einmal einführen! Auch das habe ich schon vor langem gefordert, allerdings habe ich es nicht in die Geschichtsbücher geschrieben, denn die Einführung des Kommunismus betrifft nicht die Vergangenheit, sondern die Zukunft. Die Zukunft, so möchte ich hinzufügen, die Zukunft unserer Gegenwart! Unserer aller Gegenwart seine Zukunft. Äh, ihre.

Donnerstag, 15. Februar 2007

From A to B and back again

Eigentlich wollte ich ja die Blog-Leser über mein Hausarbeitsthema abstimmen lassen. Weil ich mich ja nie entscheiden kann. Oder ich hätte die Blog-Leser sich ein Thema für mich ausdenken lassen können. Ich hätte sogar tolle Preise ausgelobt. Und natürlich hätte sich eh niemand beteiligt. Aber jetzt habe ich mich doch ganz alleine entschieden. Und ich habe eine bedenkliche Entwicklung festgestellt. Und vielleicht ist Andy Warhol daran schuld. Gut möglich.

Die Geschichte geht so: Ich habe Photos von den Autoren, über die ich schreiben werde, auf Büchern gesehen. Und diese Photos fand ich sehr faszinierend und deswegen habe ich Kopien davon gemacht. Und das ist bedenklich. Denn sowas mache ich normalerweise nicht bei Philosophen. Sowas habe ich zuletzt vor mehreren Jahren mit Bildern von irgendwelchen Künstlern gemacht. Und jetzt glaube ich, dass meine visuelle Neigung anfängt, von meinem Philosophie-Studium Besitz zu ergreifen. Und das ist bestimmt nicht gut. Denn dafür, dass ich bunte Bilder produziere und mich für die faszinierende Persönlichkeit von Philosophie-Künstlern interessiere, werde ich wahrscheinlich keinen Magister bekommen.
Und Andy Warhol ist schuld. Nämlich weil ich mir vor ein paar Tagen eine vierstündige Dokumentation über ihn angesehen habe, auf der Berlinale.
Und wahrscheinlich hat seine Obsession für interessante Leute, Schönheit und Berühmtheit auf mich abgefärbt. Auch weil ich mich erinnert habe, dass natürlich Warhol meine erste (oder sagen wir, eine der ersten) Künstler-Fazination war.

Als ich aus dem Kino kam, habe ich mir sogar eingebildet, eine Frau zu kennen, die ich nur im Fernsehen gesehen hatte. War aber auch eine sehr schöne Frau...

Ach ja, und natürlich können die imaginären Leser jetzt anhand der Bilder raten, über wen ich schreibe. (Wir haben eine kleine Maus versteckt, als Hinweis. Findet ihr sie?) Als Preis gibt es Ich-weiß-noch-nicht-was, aber was Tolles.

Mittwoch, 14. Februar 2007

Ohne Worte

Tja, zur Zeit lässt mich die Muse im Stich und flößt mir keine tollen Ideen ein. Nicht mal schlechte Ideen.
Dabei gäbe es Themen/Dinge/Erlebnisse, über die ich etwas erzählen könnte, aber wenn die Worte und Gedanken sich nicht recht formen wollen, dann hat das alles keinen Sinn.

Stattdessen habe ich nur zwei wortlose Muster entdeckt, die für sich selbst stehen müssen.

Da:













Montag, 12. Februar 2007

Ein Musterbrief sagt mehr als tausend Worte

"10. Liebesbrief

Bâle, le 1er mai 2001
Cécile chérie,

Depuis que je t'ai quittée, je ne cesse de penser à toi et je compte les jours et les heures qui me séparent du moment où nous aurons la joie de nous retrouver.
Je me rends maitenant compte de tout ce que tu représentes pour moi. Je suis sûr des mes sentiments à ton égard: je t'aime. Tu ne peux pas savoir à quel point tu me manques. Ecris-moi, téléphone-moi!
Je t'embrasse très tendrement.

Hans"

(Aus dem Abschnitt "Musterbriefe in französischer Sprache", Langenscheidts Großes Schulwörterbuch Deutsch-Französisch, Berlin und München 2001, S. 1492. )

Samstag, 10. Februar 2007

Die ganz grosse Liebe

Es gibt sie doch, die Liebe auf den ersten Blick. Auch für mich. Ich dachte schon, ich sei dafür zu kompliziert und zu sehr angewiesen auf narrative Strukturen und Sinn gebende Wiederholungsmomente, auf eine in einem langwierigen Prozess konstruierte Mythologie rund um das zu liebende Objekt. Aber nein. Ein Augenblick genügte, meine Augen meldeten Erdbeereiskremfarbe, Spitzboubenfarbe, ich war hinweg. Hin und weg. Hier ein Fotoshooting.





Natürlich musste ich mich schön machen, um meiner Liebe würdig zu sein. Ein neuer Haarschnitt musste her. Ich stellte mich einer Studentin als Modell zur Verfügung, was mir einen Rabatt einbrachte und tiefe Einblicke in die Kunst des Haareschneidens. Ich ahnte ja nicht, wie viel Technik hinter dem einfachsten Männerhaarschnitt steckt. Mir wurde ein runder Kopf bescheinigt und keine crazy crown. Beides erleichterte anscheinend der Studentin die Arbeit ungemein und machte mich sehr stolz.

Freitag, 9. Februar 2007

Familienpolitik

"Feuerbach geht von dem Faktum der religiösen Selbstentfremdung, der Verdopplung der Welt in eine religiöse und eine weltliche aus. Seine Arbeit besteht darin, die religiöse Welt in ihre weltliche Grundlage aufzulösen. Aber daß die weltliche Grundlage sich von sich selbst abhebt und sich ein selbständiges Reich in den Wolken fixiert, ist nur aus der Selbstzerrissenheit und Sichselbstwidersprechen dieser weltlichen Grundlage zu erklären. Diese selbst muß also in sich selbst sowohl in ihrem Widerspruch verstanden als praktisch revolutioniert werden. Also nachdem z.B. die irdische Familie als das Geheimnis der heiligen Familie entdeckt ist, muß nun erstere selbst theoretisch und praktisch vernichtet werden."
Karl Marx, 4. These über Feuerbach, 1845 (zitiert nach MEW 3, S. 6).

"Feuerbach geht aus von dem Faktum der religiösen Selbstentfremdung, der Verdopplung der Welt in eine religiöse, vorgestellte und eine wirkliche Welt. Seine Arbeit besteht darin, die religiöse Welt in ihre weltliche Grundlage aufzulösen. Er übersieht, daß nach Vollbringung dieser Arbeit die Hauptsache noch zu tun bleibt.Die Tatsache nämlich, daß die weltliche Grundlage sich von sich selbst abhebt und sich, ein selbständiges Reich, in den Wolken fixiert, ist eben nur aus der Selbstzerrissenheit und dem Sichselbst-Widersprechen dieser weltlichen Grundlage zu erklären. Diese selbst muß also erstens in ihrem Widerspruch verstanden und sodann durch Beseitigung des Widerspruchs praktisch revolutioniert werden. Also z.B., nahcdem die irdische Familie als das Geheimnis der heiligen Familie entdeckt ist, muß nun erstere selbst theoretisch und praktisch umgewälzt werden."
Von Friedrich Engels zur Veröffentlichung überarbeitete Fassung derselben These, 1888 (zitiert nach MEW 3, S. 534).

Donnerstag, 8. Februar 2007

Dies ist kein Test!

In letzter Zeit gab es hier im Blog einen eklatanten Mangel an bunten Bildern und ausufernder Farbigkeit. Graue Ernsthaftigkeit und lange trockene Texte dominierten das Blog auf den ersten
Blick.

Dies hat zu einer Beeinträchtigung der gesamten Stimmung geführt, so dass Trübsal und Trägheit herrschten, die auch auf Sie, liebe Leser, und Ihre Kommentierungsfreudigkeit ausgestrahlt haben...
Ursache war das Überhandnehmen gewisser intellektueller Strömungen (ich möchte keinen Namen nennen, ich sage nur soviel: be, spit_z, bou...). Den drögen Philosophiediskursen möchte ich in diesem Post etwas

entgegensetzen, indem ich durch exzessive Farbigkeit einen Ausgleich schaffe.
Außerdem habe ich noch eine wichtige Mitteilung zu machen, eine großartige Neuigkeit zu verbreiten:
Eine
repräsentative Studie
von amerikanischen und israelischen Wissenschaftlern hat erwiesen, dass Menschen, die Obstaufkleber sammeln, im Schnitt deutlich intelligenter, gesünder und sozial erfolgreicher sind, als Menschen, die Briefmarken, Schallplatten oder gar nichts sammeln (vgl. The Science Review, No. 33/07, p. 205ff). - Ha, das hatte ich geahnt!

So. Und jetzt gibt es noch einen besonders fröhlichen Obstaufkleber für euch:













Liebe Leser, was Sie jetzt wahrscheinlich nicht gemerkt haben, ist, dass ich soeben einen Test mit ihnen gemacht habe. Die Hypothese, die ich getestet habe, lautet:
Es ist von enormer Bedeutung für ein Blog, wie es gestaltet ist. Schriftarten, Farbgestaltung und Proportionierung der einzelnen Seitenelemente entscheiden darüber, ob der Leser das Blog ansprechend findet, und ob er den Inhalt als seriös einstuft.

Dass sie von dem Test eben nichts ahnten ist entscheidend für die wissenschaftliche Validität und Reliabilität des Experiments (das nennt man terminologisch korrekt einen Doppelblindversuch mit Zufallsgruppen)

Den vorangehenden Text empfanden Sie wahrscheinlich als ziemlich blöde und unernsthaft, inhaltlich wenig überzeugend und unglaubwürdig, und stilistisch nicht besonders gelungen. Und außerdem wechselte die Anrede zwischen „Sie“ und „du“.
Dieser Eindruck lag, so meine nunmehr bestätigte Hypothese, daran, dass der Text äußerst geschmacklos, ja geradezu abstoßend, gestaltet war.

Damit sie in Zukunft die großartige Stilsicherheit und ästhetische Wohlgeformtheit des Spitzboubenblogs noch mehr schätzen können, hier noch ein paar Beispiele für äußerst misslungene, ja grausame und ekelerregende Gestaltung auf Internetseiten:

Schlecht
Schlechter
Auch nicht gut
... wird fortgesetzt...
Jetzt hat Bou mir noch ein wundervolles Beispiel geliefert. Genau das meinte ich mit schlechtem Design.

Mittwoch, 7. Februar 2007

Freudscher Verwortspieler

Neulich kam ich an diesem Plakat vorbei und dachte irritiert: "Wer will Anarchisten gegen die Wand stellen? Ist das nicht ein etwas seltsamer Slogan? Aber auch irgendwie lustig..." Dann sah ich das "Israel/Palästina" darunter stehen und mir dämmerte, dass es um etwas anderes ging, nämlich um Protest gegen den Israelischen Sicherheitszaun. Dann dachte ich: "Eigentlich erst recht lustig, diese Doppeldeutigkeit. Vielleicht haben die das gar nicht gemerkt... Sollte ihnen mal jemand sagen, dass ihr Plakat mit einem Wortspiel die eigene Intention unterläuft... Haha - blöde Antiimps..."

Aber das alles stimmt leider gar nicht. Inzwischen ist mir nämlich aufgefallen, das mein lustiges Wortspiel eine Fehlassoziation war (vielleicht eine Art Freudscher Verwortspieler, oder so).
Denn erstens heißt es im Deutschen, jedenfalls nach übereinstimmender Aussage sämtlicher Experten und Lexika, die ich konsultiert habe, gar nicht "jemanden GEGEN die Wand stellen", sondern nur "jemanden AN die Wand stellen". Obwohl ich immer noch finde, dass das erste irgendwie auch wohlgeformt klingt. Vielleicht wegen des Films. Ich weiß nicht.

Und zweitens scheint es den Ausdruck im Englischen gar nicht zu geben. Dort sagt man einfach nur "to shoot sb.". Während es im Französischen immerhin die Wendung gibt "envoyer qn au poteau" (jemanden an den Pfosten schicken).

Tja. Wäre schön gewesen, aber die Welt hat meine Wortspiel-Ironie vereitelt.

Montag, 5. Februar 2007

Fünf Begriffe von Rationalität

In diesem Post werde ich versuchen, die Einleitung von Robert Brandoms faszinierenden Tales of the Mighty Dead zusammenzufassen und zu kommentieren. In der Einleitung stellt Brandom fünf Begriffe oder Modelle von Rationalität vor, zeigt Beziehungen zwischen ihnen auf und bewertet sie.

Die fünf Modelle von Rationalität sind die folgenden:

  1. logische
  2. instrumentelle
  3. interpretierende (interpretative?)
  4. inferentielle
  5. historische Rationalität.

Die Einleitung ist im Wesentlichen wie folgt aufgebaut: Die Modelle der logischen und instrumentellen Rationalität werden vorgestellt und zurückgewiesen. Die Mängel, deren sie bezichtigt werden, sind jeweils ähnliche. Das Modell der interpretierenden Rationalität wird als bereits bekannte und von Davidson vertretene Alternative vorgestellt. Anschliessend präsentiert Brandom sein eigenes Modell der inferentiellen Rationalität, das er in Making It Explicit im Detail ausgearbeitet hat, als eine Weiterentwicklung von Davidsons Modell. In einem letzten Schritt wird das Modell der inferentiellen Rationalität durch das Modell der historischen Rationalität ergänzt.

Den Modellen der logischen und instrumentellen Rationalität zufolge besteht Rationalität in der Fähigkeit, gute von schlechten Argumenten zu unterscheiden. Der Unterschied zwischen beiden Modellen betrifft die Art von Aussagen, die als Prämissen und Konklusion in den Argumenten vorkommen. Das Modell der logischen Rationalität wird in erster Linie auf Argumente angewendet, in denen ausschliesslich Ueberzeugungen als Prämissen und Konklusion vorkommen. Das Modell der instrumentellen Rationalität wird in erster Linie auf Argumente angewendet, in denen neben Ueberzeugungen Proeinstellungen als Prämissen und Handlungen (oder Absichtserklärungen) als Konklusionen fungieren. Dies bedeutet nicht, dass es keine Versuche gäbe, die Modelle als jeweils dem anderen übergeordnet vorzustellen. Brandom erwähnt den Versuch (mancher Pragmatiker), logische Rationalität als eine variante instrumenteller Rationalität darzustellen: Es ist nützlich, die Gesetze der Logik zu beachten. Das logisch korrekte Ordnen von Ueberzeugungen macht das Erreichen von Zielen wahrscheinlicher. Doch zumindest lässt sich von einer Kernanwendung der Modelle sprechen, respektiv in den Bereichen des theoretischen und praktischen Schliessens.

Beide Modelle haben Folgendes gemeinsam:

  • Der propositionale Gehalt der Aussagen wird als gegeben vorausgesetzt. Rationaliät gilt als Fähigkeit, Beziehungen zwischen Aussagen mit bestimmtem Gehalt und gemäss ihres Gehalts herzustellen oder zu bewerten.
  • Damit verbunden: Die Modelle sind rein formal. Was zählt, ist die Struktur der Argumente. Der Gehalt der Aussagen spielt nur so weit eine Rolle, wie er für die Struktur der Argumente wesentlich ist. Wer von p und wenn p so q auf q schliesst, ist logisch rational. Der Gehalt der drei Aussagen spielt nur so weit eine Rolle, wie er bestimmt, dass das Argument der Struktur des modus ponens entspricht. Analoges gilt im Fall praktischen Schliessens und instrumenteller Rationalität.

Anders das Modell der interpretierenden Rationalität. Brandom nennt Davidson als Hauptvertreter. Den Grundgedanken findet man allerdings auch in sehr klarer From in Dennetts "Intentional Systems", Journal of Philosophy 68/4 (1971), 87-116 (Habe ich wahrscheinlich als PDF.). Diesem Modell zufolge wird einem Akteur Rationalität von einem Interpreten zugeschrieben, wenn es diesem Interpreten gelingt, das Verhalten des Akteurs als rational zu deuten, d.h. als analog zu seinem eigenen rationalen Verhalten und seinen eigenen Rationalitätsstandards.

  • Das Interpretationsmodell setzt nicht voraus das Gehalte gegeben sind. Es gehört zur Aufgabe des Interpreten, Vermutungen darüber anzustellen, was der Akteur mit seinen Aussagen meint. Dazu muss er wissen, in welchen Beziehungen die Aussagen zu anderen stehen. Die Bedeutung einzelner Aussagen erschliesst sich nur im Kontext anderer Aussagen.
  • Das Interpretationsmodell ist nicht rein formal. Eben gerade weil die Gehalte nicht gegeben sind, lässt sich der Gehalt, der für die Struktur wesentlich ist, nicht vom Rest des Gehalts trennen. Jedenfalls nicht am Anfang der Interpretation.
  • Das Interpretationsmodell ist den beiden anderen übergeordnet. Logisches und instrumentelles Schliessen gehören zum als rational interpretierten Verhalten eines Akteurs.

Nun kommen wir zum spannenden Teil des Texts, in dem Brandom seine eigenen zwei Modelle der inferentiellen und historischen Rationalität und deren Verhältnis zueinander erläutert. Brandom stellt das Modell der inferentiellen Rationalität als Weiterentwicklung von Davisdons Interpretationsmodell dar.

  • Wie im Interpretationsmodell sind im inferentiellen Modell die Gehalte der Aussagen nicht unabhängig von den Beziehungen zwischen Aussagen gegeben. Die Bedeutung der Sätze (und der subsentenzialen Ausdrücke, die in den Sätzen enthalten sind) ist abhängig von den inferentiellen Beziehungen zwischen den Sätzen.
  • Der perspektivistische Aspekt des Interpretationsmodells mit seiner Unterscheidung von Akteur und Interpret wird beibehalten und verallgemeinert. Jeder Sprecher führt Buch nicht nur über das inferentielle Netzwerk eigener Festlegungen, sondern auch über das inferentielle Festlegungsnetzwerk von anderen Sprechern. Durch Mischformen wird das Ganze noch komplexer: Ein Sprecher A führt zum Beispiel Buch über die inferentiellen Beziehungen zwischen Festlegungen des Sprechers B, die A nicht unbedingt teilt, und seinen eigenen Festlegungen, die B nicht unbedingt teilt. Mit anderen Worten: Jeder Sprecher führt Buch über eine inferentielles Netzwerk zwischen Aussagen und darüber, wer auf was festgelegt ist.

Zwei Aspekte des inferentialistischen Modells lassen sich unterscheiden: eine inferentielle Semantik und eine normative Pragmatik. Beide sind miteinander verzahnt. Die Einbettung der Semantik in die Pragmatik stellt eine Verbindung her zwischen dem inferentiell gegliederten Netzwerk von Aussagen und den Sprechern. Sprecher sind auf Aussagen festgelegt oder zu Aussagen berechtigt. Festlegungen und Berechtigungen sind zwei Arten deontischer Status.

Drei Arten von Inferenzen lassen sich unterscheiden in Abhängigkeit von den deontischen Status zu den Aussagen, die inferentiell miteinander verbunden sind: festlegungserhaltende (von Festlegung zu Festlegung), berechtigungserhaltende (von Berechtigung zu Berechtigung) und Inkompatibilitätsinferenzen (von Festlegung zu Ablehnung von Berechtigung). Alle drei Arten von Inferenzen sind intra-Person und inter-Gehalt, d.h. bestehen zwsichen Aussagen mit unterschiedlichem Gehalt, zu denen ein und derselbe Sprecher eine bestimmte deontische Haltung einnimmt. Ein Praktik, in der gemäss dieser Inferenzen Buch geführt wird, bezeichnet Brandom als inferentiell gegliedert.

Ein Praktik wird als diskursive bezeichnet, wenn zwei Aspekte hinzukommen. Zum einen eine inter-Person intra-Gehalt Struktur, innerhalb deren ein Sprecher eine Festlegung durch den Verweis darauf, dass ein anderer Sprecher (eine Autorität) auf dieselbe Aussage festgelegt ist, rechtfertigen kann. Zum anderen eine inter-Person Struktur, innerhalb deren ein Sprecher seine Festlegung auf nicht-inferentiell gewonnene Aussagen (Beobachtungssätze) rechtfertigen kann, indem er auf seine Verlässlichkeit verweist.

Das inferentialistische Modell wird um die Dimension der historischen Rationalität ergänzt, als Antwort auf die Frage, wie begriffliche Normen entstehen. Das inferentialistische Modell setzt voraus, dass ein inferentielles Netzwerk besteht, das den verbundenen Sätzen und den in ihnen vorkommenden subsentenzialen Ausdrücken eine bestimmte Bedeutung gibt. Doch wie entsteht dieses Netzwerk?

"The interpretivist pointed out that both the logicist and the instrumentalist about rationality implicitly presuppose that we can make sense of the contentfulness of beliefs and desires in advance of thinking about rational connections among them. The inferentialist pointed out that the interpretivist about rationality does not tell us what it is about the structure of our own
practices - the practical foundation of interpretation, onto which any others must be mappable in order to count as rational or discursive - in virtue of which they deserve to be thought of as
rational or discursive. The historicist about rationality, in turn, points out that the inferentialist takes for granted a set of inferentially articulated norms as an already up-and-running enterprise." (12-3)

Wie Begriffe verwendet werden sollen, kann nur im Licht ihrer bisherigen Verwendung entschieden werden. Als Analogie führt Brandom den Verweis auf Präzedenzfälle in der Rechtssprechung an. Die bisherige Verwendung wird als regelgesteuert gelesen, als gemäss einer Regel, die weiterhin angewendet werden kann. Vergangene Ereignisse werden als weiterführbare Tradition verstanden.

"The rationality of the current decision, its justifiability as a correct application of a concept, is secured by rationally reconstructing the tradition of its applications according to a certain model - by offering a selective, cumulative, expressively progressive genealogy of it." (14)

Brandom zufolge ist eine solche rationale Rekonstruktion einer Tradition eine Form von Reflexion und Selbstbewusstsein. Beide Rationalitätsmodelle lassen sich wie folgt vergleichen:

  • Inferentielle Rationalität: Anwendung von Normen, Bewusstsein, Kant.
  • Historische Rationalität: Aufstellen von durch Verstehen als Normen, Selbstbewusstsein, Hegel.

Erstere setzt letztere voraus. Beide sind interdependent.

Ein paar Bemerkungen:

Brandom versteht Vokabular (zum Beispiel logisches) als ein Instrumentarium, mit dem Festlegungen, die vor dessen Einführung lediglich implizit waren, explizit gemacht werden können. Zum Beispiel kann die Festlegung auf eine Inferenz erst durch die Einführung der Subjunktion explizit gemacht werden, obwohl Sprecher bereits vorher die Inferenz implizit akzeptieren konnten. Sie konnten von p auf q schliessen, jedoch ohne sich explizit auf wenn p so q festlegen zu können. Durch logisches Vokabular können Festlegungen auf Beziehungen zwischen Aussagen explizit gemacht werden. Brandom bezeichnet Logik als "the organ of semantic self-consciousness" (10).

In Making It Explicit beginnt Brandom mit Festlegungen auf einfache feststellende Behauptungen und zeigt, wie zusätzliches Vokabular (logisches, normatives usw.) progressiv eingeführt und die Ausdrucksfähigkeit der Sprache erhöht werden kann.

Diese Bewegung des progressiven Explizitmachens bringt Brandom nun mit historischer Rationalität in Verbindung. Allerdings stellt er historische Rationalität dar als die Fähigkeit, einen Begriff so zu verwenden, dass seine Verwendung einer Norm entspricht, die in vergangenen Verwendungen bereits implizit war. Brandom spricht nicht darüber, wie radikal neuartiges Vokabular eingeführt wird und welche Rolle Rationalität bei der Einführung neuen expressien Vokabulars spielt. Mit der Ergänzung des inferentialistischen Modells um eine historische Dimension bewegt er sich einen Schritt weg von Kants Verständnis von Rationalität als der Fähigkeit, Regeln zu befolgen, hin zu einem Verständnis, das Rationalität in die Nähe von Kreativität bringt, als Fähigkeit, Anwendungen als regelkonform zu deuten und somit Regeln zu schaffen. Womöglich sollte der kreative Aspekt jedoch stärker betont werden, wenn man die Entwicklung von Sprache als einem rationalen Produkt betrachtet und die Einführung radikal neuartigen Vokabulars, nicht nur die mehr oder weniger stabilen Bedeutungen von bereits angewendeten Begriffen oder die Einführung von Begriffen, sie zu bereits bestehenden Begriffen in nicht radikal neuartigen Verbindungen stehen. Wie auch immer, das Verhältnis zwischen Rationalität und Kreativität ist ein paar Gedanken wert. Beide Begriffe scheinen eng verwandt, da beide positive kognitive Fähigkeiten bezeichenen, aber andererseits entgegengesetzt, als Fähigkeit, Regeln anzuwenden bzw. über die Anwendung von Regeln hinauszugehen.

... Softly

Soweit ich erkennen konnte, ist Punkrock in Dili nicht sehr populär. Die einzigen Punks, auf die ich gestossen bin, waren Nazi Street Punks. Jedenfalls wiesen ihre T-shirts sie als solche aus. Und wahrscheinlich hören auch die wie alle anderen Britney Spears und diese überzuckerte indonesischen Schnulzen, die mich in jedem zweiten Taxi einlullten. Und die ich jetzt sehr nostalgisch vor mich hin summe als den wahren Soundtrack der Stadt. Ihren musikalischen Pulsschlag. Kein Wunder, dass es den Punks, die es in Dili anscheindend dann doch gibt, zu viel wird.


This City Kills You

Nach langer Zeit habe ich mal wieder ein Graffiti entdeckt, dass des Postens in meiner Kategorie "Entdeckungen an Wänden" würdig ist. Es reicht zwar längst nicht an meine erste Entdeckung heran, aber irgendwie sprach es mich spontan an...

Samstag, 3. Februar 2007

Solidarität mit dem Sarotti-Mohr!

Mein Freund, der Sarotti-Mohr, hat mir neulich einen Brief geschrieben. Das ist sehr nett von ihm, denn ich liebe es, Post von ihm zu bekommen. Mit dem Sarotti-Mohr verbindet mich eine innige Freundschaft, wir essen oft zusammen Schokolade oder schreiben uns kleine Gedichte. Manchmal serviert er mir auch Kaffee oder putzt mir die Schuhe.
Es ist schön, dass ich einen so guten Freund habe.
Mein letztes Gedicht hat ihm besonders gefallen, aber er konnte mir keine kleine Überraschung schicken, wie wir es sonst immer machen, weil er Ärger mit seinem Ausbeuter deswegen bekommen hat. Die von Sarotti lesen nämlich immer seine Briefe. Und streichen die Passagen, die ihnen nicht gefallen - oder schreiben sie neu, in seinem Namen und schlechtem Deutsch:

Ihm geht es nicht so gut zur Zeit. Er klagt immer, dass die bei Sarotti ihn schlecht behandeln. Immer muss er in albernen Kostümen mit Schnabelschuhen silberne Tabletts (die zwanzig Kilo wiegen, damit er so komisch schwankt beim Laufen, das finden die dort besonders sexy) mit Schokolade durch die Firma tragen und sich die Lippen karminrot anmalen und mit Silikon aufspritzen lassen (die haben dort ziemlich perverse Vorlieben).
Und dafür wird er nur mit Sarotti-Schokolade bezahlt - zehn Tafeln pro Tag. Dabei mag er die gar nicht, weil sie scheiße schmeckt und ihm immer schlecht wird davon. Und eintauschen kann er die auch nicht, weil niemand sie haben will - weil sie scheiße schmeckt.
Und sie sperren ihn immer in einen viel zu kleinen Käfig ein, damit er nicht wächst. Die stehen dort auf Kleinwüchsige. Das sind nämlich alles Pädophile bei Sarotti.
Er würde gerne woanders arbeiten, aber er kann ja nichts anderes, als Werbefigur sein, er hat ja nichts gelernt sonst, der Arme. Ich sage ihm immer, er soll es doch mal bei einer anderen Firma versuchen. Aber vor der Milka-Kuh zum Beispiel hat er Angst. Sie hat einmal zu ihm gesagt, kleine Neger verspeise sie am liebsten zum Frühstück. Und der Lindt-Weihnachtsmann ist beim KuKluxKlan. Den Knecht Ruprecht hat er auch schon erledigt. Und sowieso sind Mohren als Werbefiguren heute nicht mehr so gefragt. Außerdem würde ihn Sarotti verklagen, weil sie einen ganz gemeinen Knebelvertrag mit ihm haben. Er müsste dann Copyright-Zahlungen an die entrichten - für seinen eigenen Körper!
Und wenn er seinen Job verliert, wird er abgeschoben.

Wenn euch diese Geschichte von meinem Freund, dem Sarotti-Mohr, auch so anrührt wie mich, dann helft ihm! Boycottiert Sarotti-Schokolade! Die schmeckt eh scheiße und hat Negerblut an den Riegeln! Boycottiert am besten die ganze rassistische Schokoladenindustrie! Kauft stattdessen lieber Gummibärchen, die werden gut behandelt!Spendet für den Sarotti-Mohr, startet Solidaritätskampagnen! Macht Soli-Konzerte! Plant Anschläge auf Sarotti und organisiert Demonstrationen! Schreibt Petitionen an die UN und die Unicef! Ich plädiere für einen internationalen Tag für geknechtete Werbefiguren am 12. Februar (da hat er nämlich Geburtstag). Esst an diesem Tag keine Schokolade und kauft kein Produkt, das eine Werbefigur hat!

Helft dem armen (gezwungenermaßen) kleinen Sarotti-Mohr!

Fragment aus "Danton und Robespierre", 2. Teil: Im Jenseits, von Karl Ephraim Maria

Was bisher geschah.
In der Französischen Revolution gehörten Robespierre und Danton zu den Führern des radikalen Flügels. Beide versagen aber vor ihrer historischen Aufgabe: Danton favorisiert einen bürgerlich-liberalen Kurs und begeht damit Verrat an der Revolution – er landet im politischen Abseits, wo er sich stumpfem Hedonismus hingibt. Schließlich wird er von der Revolution überrollt: Robespierre und seine Anhänger lassen ihn guillotinieren. Doch auch Robespierre verliert bald auf dieselbe Weise den Kopf. Anstatt die soziale Revolution voranzubringen, lässt er seinen Terror ins Leere laufen: in einen pseudoreligiösen Revolutionsmoralismus. Im Jenseits treffen sich die Kampfgenossen und Konkurrenten von einst wieder.

Im Jenseits.
Es ist allgemein bekannt, dass man durch einen langen Tunnel mit einem Licht am Ende ins Jenseits eingeht. Es ist weniger bekannt, dass für einen Geköpften dieser Weg viel von einer Kegelbahn hat. Danton ist ihn entlanggerollt, und kaum ein halbes Jahr später rollt ihm Robespierre hinterher. Doch hat der Advokat von Arras das Kegeln zu Lebzeiten sträflich vernachlässigt, was ihn jetzt teuer zu stehen kommt. Er rollt vom Weg ab und bleibt in der Regenrinne liegen.

Klage des Kopfes Robespierres im Rinnstein des Tunnels mit dem Licht am Ende, der ins Jenseits führt. Elegie.
Hier nun lieg ich, der große Vollstrecker der Tugend durch Terror
Maximilian d’Robespierre, Volksheld von Frankreich, doch ach!
Moira hat hart mir den Faden gesponnen der hier mich lässt liegen
Glückloser, Kopfloser, ich! Amme der Demokratie
Frankreich, Heimat, bist sündig geworden an mir und an allen
Bissest den Apfel, ach! – Bissest mir in den Kopf.
Liege ich hier nun im Rinnstein des Tunnels für immer und ewig?
Modere langsam dahin? Bade in Unrat statt Blut?
Hilf mir, Höchstes der Wesen, des’ Kult ich erschuf und des’ Feier
Sag, wozu hab ich Dich? Wozu hab ich Dich erdacht?
Absicherung solltest Du für mich sein gegen Feinde der Tugend!
Dafür ist Glauben doch da! Nutzloser, treuloser Gott!
Völker und Götter sind Würmer nur, rettungslos sündige Seelen.
Fort von mir, ekles Gekreuch! Ihr habt mich gar nicht verdient.
Lieber noch lieg ich im Unrat begraben als euch mich zu opfern.
Ähm, damit meine ich dies: noch einmal tu ich das nicht!
Dies aber merke dir, grobschlächt’ge Welt die ich ewiglich hasse:
Mein ist die Rache an dir! Bald komme ich schon zurück!
Gnade war Frankreich, dass ich es erwählte, zu retten versuchte –
Nimmermehr Gnade ab jetzt, unfreundlich bin ich fortan.
Grausam und bluttriefend werde ich wüten wenn erst ich hier raus bin.
Helfen muss jemand mir erst – hier aus dem Rinnstein heraus.
Luzifer! Du sei mein Helfer in diesem unheiligen Kampfe!
Nimm meine Seele als Lohn! Du hältst zumindest dein Wort!

Freitag, 2. Februar 2007

Endlich mal wieder was Sinnvolles!

Ich sehe es euch an der Nasenspitze an, dass ihr schon die ganze Zeit sehnsüchtig auf einen neuen Obstaufkleber wartet, werte Leser. Ihr denkt: was soll denn dieses intellektuelle Geschwafel, das führt doch zu nichts, die be hat doch auch gar keine Ahnung, wovon sie überhaupt redet, soll sie doch lieber das machen, was sie kann.
Und da habt ihr natürlich recht und deswegen kommt er hier:













Ich habe euch auch einen besonders anmutigen ausgesucht, aus meiner außerordentlich umfangreichen Sammlung.
Ihr dürft raten (Achtung: es gibt einen kleinen Hinweis!), von welchem Obst er stammt. Ich lobe mal wieder einen tollen (!) Preis für die richtige Antwort aus, wohl wissend, dass bisher noch nie ein Leser ein Preisfrage beantworten wollte. (Ich gewinne den Eindruck, unsere Leser seien sehr rebellische und widerständige Subjekte...)

Donnerstag, 1. Februar 2007

Auf den Schultern von Giganten

Nachdem ich meine Reise und hemingwayschen Egotripp hinter mir habe, kann ich mich wieder anderen Dingen zuwenden. Und deshalb ein Vorschlag: Anstatt wie bisher unsere Posts unabhängig voneinander zu verfassen, könnten wir uns Themen aussuchen, die wir zusammen behandeln. Ich selbst schlage ein extrem weites Thema vor, von dem ich denke, dass
es, gerade ob seiner Weite, für uns alle etwas hergeben sollte. Nämlich die Frage nach dem Wesen von Vernunft, von Rationalität. Wir könnten versuchen, das Thema erst einmal zu kartographieren und einzelne Aspekte zu identifizieren. Beziehung zu Sprache, Wahrnehmung, Handlung, Emotionen, gesellschaftlichen Institutionen, Unterbewusstsein, Beziehung zwischen Normativität und Fakten, Gründen und Ursachen, Philosophie und Neurobiologie, phylo- und ontogenetische Evolution, Mensch und Tier, Geschichte der Vorstellungen von Vernunft, Formen von Irrationalität und unvollkommener Rationalität usw. usf.

Zurück in der Kälte

Ich bin wieder zurueck in Melbourne und ich fuehle mich einsam. Ich schwimme nicht länger im Fluss aus Freundlichkeit und Sanftheit und Lächeln, der mich drei Wochen lang umgeben hat. Als ich heute morgen gegen sechs am Tullamarine Airport ankam, spürte ich zum ersten Mal seit drei Wochen etwas sehr Ungenehmes: Kälte. Tagsüber steigt die Temperatur auf 28 Grad, doch auch die Wärme ist eine ganz andere. Trocken, sie umgibt einen nicht, breitet sich nicht aus, sondern entsteht nur an den Stellen, auf die die Sonnenstrahlen direkt auftreffen. Und die Sonnenstrahlen verbrennen einem die Haut, wie Säure.

Es steht fest, ich muss zurück. Leider (wie oft habe ich das schon gedacht) stecke ich fest in diesem ambivalenten Philosophiebusiness mit seinen schwer anwendbaren und ein wenig mysteriösen Skills.

Kaum war ich in Darwin, ist mir ins Gesicht gesprungen, wie absurd unser konsumgesteuertes Leben ist, wie aggressiv andauernd für irgendwelchen Scheiss geworben wird, pausenlos drischt es auf einen ein, wie entfremdet wir sind im Vergleich mit den Timoresen. Typische Szene: Man sitzt in der Abflughalle, die Leute starren Löcher in die Luft, sehen aneinander vorbei oder lesen Frauenmagazine oder verfolgen mit müden Augen die Werbung auf den Bildschirmen, nur um sich nicht ansehen zu müssen. Es ist grauenvoll. Auch dass ich nicht einmal Lust habe, mit den Leute um mich herum zu reden.

In Darwin gab es dann noch eine üble Ueberraschung: Mein australisches Visum ist nicht gültig bis Ende Februar, wie ich dachte, sondern nur bis Ende Januar, d.h. es ist abgelaufen, während ich zwischen Darwin und Melbourne in der Luft hing. Heute morgen musste ich zum Immigration Office, um nicht verhaftet und nach Nauru verfrachtet zu werden. Jetzt habe ich ein vorläufiges Bridging Visum und bin offiziell unlawful, bis ich alle Papiere für ein neues Visum zusammen habe.

Und ich habe einen neuen Mitbewohner, einen Informatiker auf Arbeitssuche anscheinend. Milka Ilka, die erst vor einem Monat hier eingezogen ist, ist auch schon wieder weg. Ich schreibe hier lieber nicht, wieso. Geschlechterdifferenzen und Prüderie.