Dienstag, 20. Mai 2008

Unheimliche Begegnung in der U-Bahn

Manchmal muss man sich schon sehr wundern, mit was für Leuten man ahnungslos in der U-Bahn sitzt. Man hielte es ja nicht für möglich, welch Abgründe sich in den Menschen verbergen, mit denen man tagtäglich die Verkehrsmittel teilt.

Der unscheinbare Mann neben mit hält einen e-mail-Ausdruck in den Händen und sucht etwas auf seinem Stadtplan. Auf dem Ausdruck ist zu lesen (ich weiß, das ist eigentlich unhöflich, fremder Leute Privatkorrespondenz mitzulesen, aber dann sollen sie mit der eben nicht neben mir in der U-Bahn rumwedeln):

"Hallo ihr Lieben,
wir haben gestern beschlossen, die Kundgebung des Dalai Lama mit unserer positiven Lach-Energie zu unterstützen ..."

Der etwas zerknautscht und ziemlich dröge aussehende Mann neben mir, er mag Ende 30 sein - ein fanatischer Lacher? Einer, der sich irgendwo hinstellt und dann einfach so lauthals zu lachen beginnt, womöglich minuten- oder gar stundenlang, wer weiß, um seine Umgebung mit "positiver Lach-Energie" zu überschütten?? Einer der in seiner Freizeit Lach-Workshops besucht? Oder jeden Morgen vor dem Spiegel Lach-Übungen macht, zur Entspannung der Gesichtsmuskulatur und für einen "positiven Start in den Tag"? Er sieht gar nicht fröhlich aus, eher ein bisschen apathisch und - man muss es sagen - dämlich. Aber womöglich muss man gar nicht fröhlich sein, um ein professioneller Lacher zu sein, vielleicht hat diese Lachenergie mit Fröhlichkeit überhaupt nichts zu tun? Gespenstisch. Da hatte man geglaubt, solche Leute müsste man an ihren hennagefärbten Haaren oder ihrer legeren Leinenkleidung erkennen, aber dieser Mann da, den man für einen Klempner oder Berufsbekleidungsfachgeschäftsverkäufer hätte halten können... - hoffentlich fängt er nicht jetzt hier in der U-Bahn an zu lachen, ich steig lieber mal schnell aus...

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