Mittwoch, 4. Juli 2007

Männlichkeit authentisch leben lernen

Eigentlich ist heute ja der 1. Internationale Day des Denglish, ein Anlass, der mit einem thematisch passenden post zu würdigen wäre. Ich muss jetzt aber über etwas ganz anderes schreiben - etwas ausgesprochen Beunruhigendes. Es wird immer offensichtlicher, dass das Raumzeitkontinuum gestört ist und immer mehr Löcher aufweist. Die Gegenwart des beginnenden 21. Jahrhunderts wird in stets zunehmendem Maße infiltriert von hässlichen und übelriechenden Teilen der Vergangenheit.

Schon seit einigen Jahrzehnten bemerken wir dieses bedrohliche Phänomen in der Ökonomie. Unter dem euphemistischen Namen "Neoklassik" feiern gewisse Theorien ein zombieskes revival, über die schon Karl Marx Hohn und Spott ausschüttete, weil sie die Realität gar zu plump zugunsten einer offensichtlich von materiellen und politischen Interessen bestimmten Ideologie verdrehten.

In anderen Bereichen scheint ein immer größer werdendes Zeitloch in die fünfziger Jahre des letzten Jahrhunderts zu führen, eine Periode, die schon in ihrer ersten Auflage eine an die damalige Gegenwart nur geringfügig angepasste Kreuzung aus Biedermeier und Viktorianismus darstellte. Vor kurzem ist ein besonder frappierendes Dokument aus dem Zeitloch geplumpst. Der geneigte Leser und die geneigte Leserin schaue sich doch bitte einmal diese Meldung über die immense Wichtigkeit des "Vaters" an und lese sie aufmerksam und gründlich durch. Die folgenden Zitate stammen von dort.

"Männer sind für Jungs wichtig, damit sie lernen, ihre männliche Rolle in der Gesellschaft authentisch zu leben", erklärt Prof. Hartmut Kasten vom Staatsinstitut für Frühpädagogik in München.

Muss man dazu noch etwas sagen? Kann man dazu überhaupt noch etwas sagen? "Männliche Rolle in der Gesellschaft"??? Nehmen wir einmal zur Kenntnis, dass es sowas überhaupt noch gibt. Wie in drei Teufelsnamen käme aber ein vernünftiger Mensch auf die Idee, dass ein wichtiges Ziel der Kindererziehung darin bestehen könnte, Jungen in die Lage zu versetzen, diese "männliche Rolle" "authentisch zu leben"? Und wieso fühlt sich ein "Staatsinstitut für Frühpädagogik" berufen, so etwas zu propagieren, obwohl derartige sexistische Ideologien mit der im Grundgesetz festgeschriebenen Staatsdoktrin der Gleichberechtigung der Geschlechter offensichtlich unvereinbar sind? Wegen derartiger Äußerungen können heutzutage Anträge auf Einbürgerung abgelehnt werden!

Der nächste Absatz beginnt mit den Worten: "Schon Studien aus den dreißiger Jahren hätten gezeigt..." Hier stellte ich mir erstmals ernsthaft die Frage, ob ich vielleicht einer Persiflage auf den Leim gegangen sein könnte. Würde als nächstes auf Studien aus den frühen vierziger Jahren verwiesen werden, die eindeutig beweisen, dass die jüdische Rasse ein charakteristisches Nebeneinander von effeminierten Männern einerseits und Mannsweibern andererseits hervorzubringen prädisponiert ist, weswegen ihre Angehörigen als Erzieherinnen und Erzieher in Kindergärten und Schulen gänzlich ungeeignet seien?

Vaterlose Söhne zeigten mehr Gewalt. Erlebten die Jungs hingegen, dass der Vater auf die von ihnen gezeigten Aggressionen nicht in gleicher Weise, sondern liebevoll reagiert, sind sie gerührt, so Heinsohn. Sie sehen die beschützende Stärke. "Damit ist ein Hauptstück der männlichen Sozialisation geschafft."

Es war eben von Anfang an ein Fehler, uneheliche Kinder mit ehelichen rechtlich gleichzustellen! Jetzt haben wir den Salat: Die Gesellschaft versinkt in Jugendkriminalität, und schuld sind natürlich die 68er und ihre antimoralische Liberalisierung des Scheidungsrechts unter der sozialliberalen Koalition! Die damaligen Warner und Mahner haben Recht behalten mit ihrer Einschätzung, dass diese Kulturrevolution gegen die Grundfesten der Zivilisation gerichtet war! - Friedliche und wohlintegrierte junge Männer erzeugt man nur mit Hilfe eines Vaters, der seinen Sohn liebevoll tätscheln kann, nachdem dieser ein anderes Kind verprügelt hat. Denn dann erwerben die gerührten Jungen ein Verständnis von "beschützender Stärke", im Gegensatz zur beschützenden Schwäche, die sie bei der Mutter erfahren. Das versetzt sie späterhin auch in die Lage einzusehen, warum der Innenminister unbedingt Recht hat, wenn er die Befugnisse des Staates und seiner Sicherheitsorgane auf Kosten demokratischer Grundrechte ausweiten will. Denn nichts geht über ein mehr an beschützender Stärke! Damit wäre dann ein Hauptstück der Sozialisation, die es ja als solche eigentlich gar nicht geben sollte, sondern nur als "männliche" oder "weibliche" Sozialisation, geschafft.

Studien hätten gezeigt, dass Mütter stärker pflegerische, Väter hingegen spielerische Aktivitäten im Umgang mit ihren Kindern entfalten und beide sich in der Art des Spielens unterscheiden, erläutert Prof. Holger Brandes von der Evangelischen Hochschule für Sozialarbeit in Dresden. Mütter spielten sanfter, Väter rauer, und zwar sowohl mit Mädchen als auch mit Jungen. Außerdem sei deutlich geworden, dass Väter häufig herausfordernder sind als Mütter.

Dass dies so ist, beweist natürlich zweifelsfrei, dass es a) auch gut so ist, b) gar nicht anders sein kann, c) auf jeden Fall so bleiben sollte, sowie dass d) auch unbedingt etwas dafür getan werden muss, dass dies so bleibt, weil sonst unvermeidlich das Abendland untergeht. Man sollte z. B. Alleinerziehende in Zwangs-WGs mit Angehörigen des anderen Geschlechts stecken und homosexuelle Paare bloß keine Kinder in die Finger kriegen lassen. Frauen, die Hosen tragen, sollte man darüber aufklären, dass dies nicht nur ihre Gebärfähigkeit beeinträchtigt, sondern auch eine mangelnde Verbundenheit mit ihrer weiblichen Rolle in der Gesellschaft anzeigt. Als überzogen ist jedoch die Forderung anzusehen, behoste Frauen aus dem öffentlichen Dienst auszuschließen, da sie ein gegen den Bestand der Gesellschaft an und für sich gerichtetes Symbol gebrauchen.

Es erscheint mir nur recht und billig, das zuerst angeführte Zitat von Prof. Hartmut Kasten zum Zitat der Woche zu erklären. Herzlichen Glückwunsch, Herr Kasten! Bitte erklären Sie mir meine männliche Rolle in der Gesellschaft! Keinerlei Sinn hat, wie ich dank Ihnen erkenne, die kantische Frage: "Was soll ich tun?", wenn nicht zuvor das Geschlecht des oder der Fragenden geklärt ist!

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