"... Jeder beurteilt die Dinge gut, die er kennt, und ist darin ein guter Beurteiler. Gut über einen bestimmten Gegenstand urteilt, wer darin ausgebildet ist, und gut überhaupt, wer in allem ausgebildet ist.
Aus diesem Grund sind junge Menschen keine geeigneten Hörer der politischen Wissenschaft. Denn sie sind unerfahren in den Handlungen, in denen das Leben besteht; diese aber bilden gerade den Gegenstand und Ausgangspunkt der Untersuchung. Ferner wird für sie, die dazu neigen, ihren Affekten zu folgen, das Zuhören vergeblich und nutzlos sein; denn Ziel der politischen Untersuchung ist ja nicht das Erkennen, sondern das Handeln. Dabei ist es gleichgültig, ob sie jung an Jahren oder unreif im Charakter sind; ihre Unzulänglichkeit hängt nicht von der Zeit ab, sondern ergibt sich daraus, dass sie vom Affekt geleitet leben und auf diese Weise ihre jeweiligen Ziele verfolgen. Solchen Menschen bringt das Erkennen keinen Nutzen - ebenso wenig wie den Unbeherrschten. Hingegen wird für diejenigen, die ihre Strebungen nach der Vernunft gestalten und entsprechend handeln, das Wissen über diese Dinge von vielfältigem Nutzen sein."
(Aristoteles, Nikomachische Ethik I, 1, 1094b-1095a, Übersetzung: Ursula Wolf.)
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen