Montag, 30. Juni 2008

Organ des Pissens

Hier auf besonderen Wunsch von spit_Z als "Zitat der Woche" (haha) eine weniger prominente Stelle aus der "Phänomenologie des Geistes", in der Hegel verschiedene Aspekte des menschlichen Geistes mit verschiedenen Aspekten seines Schwanzes vergleicht:

"Das Tiefe, das der Geist von innen heraus, aber nur bis in sein vorstellendes Bewußtsein treibt und es in diesem stehen läßt - und die Unwissenheit dieses Bewußtseins, was das ist, was es sagt, ist dieselbe Verknüpfung des Hohen und Niedrigen, welche an dem Lebendigen die Natur in der Verknüpfung des Organs seiner höchsten Vollendung, des Organs der Zeugung, - und des Organs des Pissens naiv ausdrückt. - Das unendliche Urteil als unendliches wäre die Vollendung des sich selbst erfassenden Lebens, das in der Vorstellung bleibende Bewußtsein desselben aber verhält sich als Pissen."
G.W.F. Hegel: Phänomenologie des Geistes, Meiner Verlag, Hamburg 1988, S. 232/33

Donnerstag, 26. Juni 2008

Igitt, Fußball! Igitt, Deutsche!

Nachfolgend ein wirrer, assoziativer Gedankenstrom, der sich gestern durch mein Gehirn wand, während vor dem Fenster Menschenmassen mit deutschen Fahnen die Straße verstopften (siehe Video-Beweis unten) - und das in Kreuzberg! Gibt es denn keinen sicheren Ort mehr?:

Nicht dass die Fußball-EM es wirklich wert wäre, sich darüber aufzuregen - obwohl, eigentlich schon. Ich meine, WAS IST DAS? Was ist passiert? Was tun diese Leute da unten auf der Straße? die stundenlang, ja die ganze Nacht lang in ihren Autos sitzen, Fahnen schwenken und während sie in endlosen Staus stehen (leider vor meiner Haustür) pausenlos auf die Hupe drücken, gar Raketen abfeuern, winken und wedeln, rufen, gröhlen und vor allem: hupen, hupen, hupen. Und das ganze STUNDENLANG! Was ist passiert? Hab ich was verpasst? Ich meine, mein naives Intellektuellengehirn kriegt das nicht so richtig zusammen, wie man stundenlang enthusiastisch jubeln kann, irgendwann muss einem doch die Puste ausgehen, so ein kurzer Freudentanz, ok, aber stundenlang?? Ist das noch *real*? Oder ist das mehr so eine Art Leistungszwang: "Wir müssen jetzt durchhalten, die Ehre unserer Nation steht auf dem Spiel, sonst lachen die Türken uns aus, wenn wir jetzt nicht mindestens noch drei Stunden weiterhupen."

Demonstrativ einen SIEG zu feiern, während andere (in der Natur der Sache liegend) verloren haben: das ist sowieso barbarisch und natürlich auch völlig kindisch: "Bähbäh, ich hab gewonnen, und duu hast verloren, bähbäh, und das sage ich jetzt den ganzen Tag, damit du dich den ganzen Tag ärgerst. Und du kannst gar nicht sagen, dass es dir egal ist, weil ich dich die ganze Zeit damit nerven werde, so dass es dir nicht egal sein KANN, bähbäh!"
Oder noch schlimmer als kindisch, nämlich latent gewalttätig und Wir-gegen-die-Schema und böse usw. - eh klar. Das ist so offensichtlich und trotzdem machen alle mit, zumindest gucken alle mit.
Sich überhaupt über einen Sieg als Sieg an sich, nicht als Sieg für eine bestimmte Sache, die man wertschätzt, zu freuen, ist eigentlich komplett absurd - oder ist die Sache, um die es da unten geht, tatsächlich die deutsche Nation? Wo kommt nur dieses beschissene neue deutsche Wir-Gefühl her? Ist das nicht sogar schlimmer als vor zwei jahren bei der WM? Steigert sich das jetzt immer weiter, ist bei Olympia diesen Sommer womöglich Ähnliches zu befürchten?? Wann ist das eigentlich? Wo kann ich hinflüchten?

Waahh, ich verstehe ja schon nicht, wie man sich über etwas derart Dämliches wie den Sieg ein nationalen Fußballteams tatsächlich freuen kann, ich meine, so richtig freuen, als hätte man selbst etwas tolles erlebt oder erreicht... - das ist doch irgendwie seltsam: ganz NORMALE Leute, mit denen man zuvor noch über ganz normale Dinge geredet hat, die man beim Bäcker trifft oder in der U-Bahn, die man vielleicht SOGAR KENNT, ticken plötzlich völlig aus, entpuppen sich als komische Freaks, die sich bunte Farben ins Gesicht malen. Ein seltsames Sportereignis, das im Fernsehen kommt und mit bunt angezogenen Männchen zu tun hat, die über einen grünen Platz rennen, löst nie dagewesene Emotionen aus, Jubelschreie, genervte Ausrufe des Unmuts, Anteilnahme, Ärger, Wut, Euphorie - obwohl doch diese Spiel mit diesen Menschen keinerlei Verbindung hat! Ich meine, das sind ja Leute, deren Lebensinhalt besteht sonst auch nicht aus Fußball oder sonstigen Sportereignissen, die interessieren sich überhaupt nicht dafür, normalerweise - doch dann plötzlich packt sie der kollektive Wahnsinn.
Wie auf Kommando gerät die ganze Stadt (wahrscheinlich das ganze Land) in Aufregung und Menschen tanzen auf der Straße (!) als wäre Revolution oder Weltuntergang oder zumindest eine ordentliche Lohnerhöhung für alle. Ist aber nicht. Sondern der Anlass ist: ein Fußballspiel - ein F-U-S-S-B-A-L-L-S-P-I-E-L!

Wenn wenigstens jeder von diesen Verrückten da draußen einen EIGENEN bescheuerten und äußerlichen Anlass hätte, um grundlos freudige Emotionen in die Welt zu schreien: dass dieses Jahr ein Schaltjahr war oder dass der Nachrichtensprecher eine gestreifte Krawatte anhat oder so - aber dazu sind dann alle zu feige, das traut sich dann keiner, wenn nicht alle mitmachen. Es braucht halt den Anstoß von außen, die offizielle Erlaubnis, aus der Reihe zu tanzen und hemmungslos zu sein, weil sonst ist das ja vielleicht peinlich und außerdem käme man gar nicht auf die IDEE. Auf die Idee kommt man ja nur, weil alle das so machen, weil man das so macht, weil das von allen offiziellen Seiten propagiert und gehypet wird - Fussball-EM gucken schließlich alle - vom Manager über den Bundestagabgeordneten, zum Angestellten, Arbeiter, Schüler, Studenten - sogar Frauen! Warum abseits stehen? Warum SPIELVERDERBER und MIESMACHER sein? Warum als einziger traurig und schlechtgelaunt sein, wenn sich alle freuen (die gewonnen haben)? - Ist doch toll! Alle zusammen, freuen sich gemeinsam, weinen gemeinsam Freudentränen, singen Fußballieder - welch pathetisches und erhebendes Gefühl, ach jaaaa.....

WAAAAHHHHH!


Mit wackeliger Hand gefilmter Beweis des Grauens (zum Glück zu dunkel, um all die Menschen und all die Fahnen zu sehen)

Dienstag, 3. Juni 2008

Berliner Westen

Manchmal kommen einem ja schon Zweifel: ist das wirklich die richtige Stadt für mich?

Sonntag, 1. Juni 2008

Der Fluch der Nähmaschine

Die Firma Microsoft hat bekanntlich viel in das ehrgeizige Vorhaben investiert, den PC auf der Rangliste der meistbefluchten Haushaltsgeräte ganz weit nach oben zu bringen. Und zugegebenermaßen hat sie auf diesem Gebiet beeindruckende Erfolge erzielt. Da ist einiges geleistet worden, muss die Konkurrenz der Videorecorderproduzenten, Stereoanlagenbauer und Waschmaschinenhersteller neidvoll zugeben. Dabei wird gern vergessen, das Microsoft es nicht geschafft hat, ein simples und traditionsreiches Gerät vom ersten Platz zu verdrängen: die Nähmaschine. Generationen von (meistens) Frauen brachten ihre Zeit fluchend und vor Wut heulend vor Nähmaschinen zu. Sie förderten aus der Maschine gigantische, komplexe Faden- und Stoffverknäuelungen zu Tage, die sie dann von Hand in stundenlangen Prozeduren dicht unter Lampenschirmen klebend auftrennten. Dann wurde der lädierte Stoff erneut unter die Nähmaschine gelegt, und nach einigen stotternden und seltsam klappernden Geräuschen der Stoff komplett in die Maschine eingezogen, so dass diese aufgeschraubt werden musste und der Stoff in neuerlich stundenlanger Fitzelarbeit vorsichtig daraus entfernt werden. Und so weiter. Soweit ich erkennen kann, hat sich an diesem Sachverhalt in den letzten hundert Jahren nicht viel geändert. Die schwierigen Auftrenntechniken wurden von Generation zu Generation weitergegeben, weil sie für den Umgang mit der Nähmaschine essentiell waren und sind. Vor diesem Hintergrund ist es wirklich ein Wunder, dass tatsächlich Kleidungsstücke überhaupt existieren! Man muss sich einmal den Aufwand vorstellen, der in einem jeden von ihnen liegt!
Neuerdings haben Nähmaschinen eingebaute Computer mit Nähprogrammen, damit ist wahrscheinlich erneut ein für die PC-Branche unerreichbarer Vorsprung erzielt worden. Wenn Microsoft jetzt allerdings anfangen würde, Betriebssysteme für Nähmaschinen herzustellen, hätte zusammengefunden, was historisch eigentlich zwangsläufig zusammengehört.