Donnerstag, 25. Januar 2007

Neues vom Volkskrieg

Bei der Blanquistisch-kommunistischen Brigaden-Fraktion (Misanthropen), kurz BKBF(M), handelt es sich um eine kleine, elitäre, linksradikale Politsekte. So jedenfalls die Selbstbeschreibung, die ich dem Editorial zur dritten Ausgabe einer Zeitschrift entnehme, die sich im Untertitel "inoffzielles untergrundmagazin der bkbf(m) - nicht zur wahllosen verbreitung bestimmt" nennt. Dieses sogenannte "Magazin", bei dem es sich um ein knappes Dutzend schlecht kopierter und von einer Tackernadel zusammengehaltener Blätter handelt, das keinerlei Großbuchstaben enthält, trägt den Namen "das bajonett", und dieser Name ist Programm. Doch der Reihe nach.

Mit der nicht wahllosen Verbreitung scheint es die BKBF(M) ernst zu meinen. Es war mir bislang nicht möglich, eine der ersten beiden Ausgaben des Bajonetts aufzutreiben - so sie denn existieren. Und nur durch eine Verkettung von Zufällen - und auf durchaus "inoffiziel-lem" Wege, wenn man mich versteht - bin ich an diese eine, mir vorliegene Ausgabe gekommen. Die Artikel sind nicht namentlich gekennzeichnet, zeigen keinerlei Spuren einer Lektorierung und fallen insbesondere durch eine rätselhafte Kommasetzung auf, bei der es sich eigentlich nur um alleatoriche Kunst oder einen sehr speziellen Geheimcode handeln kann.

Der Leitartikel - wenn man den Text, der die ersten drei Seiten des Hefts einnimmt, so nennen darf - widmet sich dem Verhältnis der extremen Linken zum Terrorismus. Dabei versteht er sich aber nicht als Beitrag zur Militanzdebatte innerhalb der Linken, sondern als Kritik an deren zentralen Prämissen vom Standpunkt der BKBF(M) aus. Dieser Standpunkt wird als "blankommismus" bezeichnet. Im Zentrum der blankommistischen Kritik steht der Begriff des Volksfeindes, der in klassischen linksterroristischen Bekennerschreiben verwendet wird, um die Opfer von Anschlägen zu bezeichnen. "der blankommismus, verhält sich zu dieser, negation der bestehendenn ordnung durch die auszeichnung führender ihrer vertreter, als volksfeinde, als negation der negation. der begriff des volksfeindes wird dialektisch aufgehoben ,bleibt beibehalten aber, er wird neu interpretiert. nicht mehr bezeichnet er, die feinde des volkes, sondernn, der feind ist das volk." Das mit der Misanthropie ist also wörtlich gemeint. Der Artikel fährt fort, analog den Volkskrieg als Krieg gegen das Volk zu reinterpretieren, und die Volksfront bezeichnet im blankommistischen Jargon die "apriori vorhandene front des volkes gegen alle progressiven kraefte". Doch die Blankommisten sind gewarnt: "wenn das volk, progressive tenndenuen ausbilet dann nur um sie bekämpfen zu können. keinesfall,s darf der revoluzionär der versuchung erligen, an jene tendenzen im volk anknüpfen zu wollen es sind nur fliegenfänger, und progressive die fliegen."

Aus dem Scheitern aller revolutionären und progressiven Projekte seit Marx (das im Artikel ebenso pauschal wie selbstverständlich konstatiert wird) wird der Schluss gezogen, dass der Mensch an sich nicht zum revolutionären Subjekt taugt. "aus strukturellen gründen, kann die progressive orientierung nur, stets die einer minderheit sein und sich ebenfalls nich tdurchsetzen,. unnsinn ist es, das volk, für den fortschritt gewinnen zu wollen, weil es immer fortschritsfeindlich ist nur auf kosten seines fortschrittlichen charakters, wird der fortschritt volkseigentum: fortschritt ist immer fortschritt gegen das volk und, wer für den fortschritt kämpft deswegen gegen das volk unnd umgekehrt. [...] die masse ist dumm und lenkbar sagt hitler, aber das ist die reaktionäre perpektive aus, denn, lenkbar ist das volk nnur vom reaktionären standpunkt aus. vom proggressiven ist es das wogegen man anlenkt. jede theprie, jede ploitische position, die durch das volk oder mit dem volk etwas bewirken will ist immer strukturell faschistich. dies ist recht verstanden, die formel des faschismus: government of the people, by the people, and for the people." Dies sind, soweit ich feststellen konnte, die zentralen Gedanken der ersten beiden Seiten des Artikels.

Das letzte Drittel ist noch kryptischer als der Rest, denn es widmet sich der Polemik gegen eine andere, mir völlig unbekannte Fraktion der blanquistisch-kommunistischen Bewegung, deren Anhänger als "schwarzhobbesianer" bezeichnet werden und ihre Sekte "Blanquistisch-kommunistische Brigaden-Fraktion (Anti-Leviathanisten)", kurz BKBF(AL), nennen. Offenbar besteht eine zentrale Position dieser Abstaltung darin, in der Analyse sehr weitgehend der politischen Theorie Thomas Hobbes' zu folgen, dabei aber die entgegengesetze Partei zu ergreifen - die für den Natur- und gegen den Gesellschaftszustand. Die Schwarzhobbesianer treten also für den Krieg aller gegen alle ein; oder jedenfalls wird ihnen das von Seiten der Blankommisten unterstellt. Beide Fraktionen streiten sich offenbar darüber, wie der "Volkskrieg" zu führen sei. Die Schwarzhobbesianer befürworten eine Strategie, die durch systematische Destabilisierung den Bürgerkrieg bewirken soll, und führen den Deißigjährigen und den Irakkrieg als positive Beispiele an. Die Blankommisten kritisieren diesen Standpunkt folgendermaßen: "bei diesem unfug, handelt es sich um eine undialektische verirrung wie sie seit bucharin keinen vergleich mehr hatte. der volkskrieg kann niemals als bürgerkrieg also als krieg des volkes gegen das volk, realisiert werden weil er dann immernoch vonn kräften des volkes getragen wird und stets das übergreifende moment bleibt, das er krieg des volkes ist. es kömmt aber drauf an krieg gegen das volk zu sein. er kann also nur von außen kommenn wir nennen dasexternen krieg, im gegensatz, zum immanenten der eigentlick gar kein krieg im revoluzionären sinne, ist ist sondern ein revisionismus." Unklar bleibt, wie ein solcher Krieg gegen das Volk "von außerhalb" vorstellbar ist - da es ja wohl kaum die Pointe des Blankommismus sein kann, auf eine außerirdische Invasion zu warten. Die neugierige Leserschaft wird lediglich auf die zweite Ausgabe des Bajonetts verwiesen, in der diese Frage offenbar schon beantwortet wurde.

Negativ möchte ich vor allem anmerken, dass im Bajonett kaum Sensibilität für Fragen von race und gender gezeigt wird. Hier wurde offenbar die Foucaultsche Wende verschlafen!

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