Dienstag, 23. Januar 2007

Wörter in der Fremde

Ist nicht die Bezeichnung "Fremdwort" eigentlich ziemlich diskriminierend? Wie man sich zurecht im letzten Jahr über Oskar Lafontaines Bezeichnung "Fremdarbeiter" beschwerte, so sollte man auch über diese Ausdrucksweise einmal nachdenken. Denn das sogenannte "Fremdwort" wird dadurch den "Heimatwörtern", "eingeborenen" oder auch "blutsdeutschen Wörtern" entgegengesetzt und damit ausgegrenzt.
Dabei sind uns sogenannte "Fremdwörter" ja oftmals gar nicht fremd, sondern eigentlich sehr vertraut. Unsere besten Freunde sind Fremdwörter. Zum Beispiel der schöne Begriff: "repressive Entsublimierung" - ursprünglich ebenfalls nicht-deutscher Herkunft - hätten Sie's geahnt? Viele andere sogenannte "Fremdwörter" habe ich ebenfalls sehr ins Herz geschlossen: zum Beispiel "Reflexion", "Kurkuma", "Monolog" oder "Rakete". Oder "genuin", oder "eskamotieren". Sehr schöne Wörter. Nicht zu vergessen: "Dialektik", die König unter den Wörtern.
Was wäre die deutsche Sprache ohne diese Worte? Ein armselig dünnes Verständigungsmittel, dem es an Grazie und Funktionalität gleichermaßen mangelte. Anstatt die Fremdwörter künstlich auszugrenzen, ist es geboten, endlich ihre enorme Integrationsfähigkeit zu würdigen. Naht- und klaglos passen sie sich in die fremde Sprachkultur ein und bereichern diese. Zugleich erleichtern sie uns damit ganz beträchtlich das Erlernen anderer Sprachen. Damit dienen sie zugleich dem Interkulturellen Dialog, den die Deutschen doch so schätzen. Um dies alles angemessen zu berücksichtigen schlage ich eine neue Bezeichnung für die "Fremdwörter" vor: "zugereiste Sprachbereicherungswörter".
Auch bei anderen diskriminierenden Wortbildungen mit "Fremd-" möchte ich für eine Neubennenung plaidieren:
Statt "Fremdenverkehrsamt" sagt man heute besser "Touristeninformation", statt "fremdgehen" klingt doch "Abwechslung haben" viel schöner, statt "Fremdkörper" wähle man lieber den Begriff "anderes Material" und aus "Fremdherrschaft" wird einfach "Herrschaft".

Noch eine Frage an die Leser: Welche Wörter sind eure besten Freunde? Schreibt uns eure Erfahrungen mit zugereisten Wörtern! Uns interessiert alles! Was macht ihr so am liebsten mit euren Wörter-Freunden, was habt ihr von ihnen gelernt? Schreibt, was euch bewegt!

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