Sonntag, 21. Januar 2007

Ich wollte eigentlich ins Kino

Ein sehr guter Tag heute. Aber zuerst der Hypochonderpart des Posts. Meine Verdauung ist laengst wieder optimal. Einziges Gesundheitsproblem ist eine Erkaeltung, in der das Schwitzen schuld ist. Hinzu kommt sehr leichte Atemnot bedingt durch den Staub auf Dilis Strassen. Der Monsoon scheint dieser Jahr auszubleiben. Die IDPs freuen sich darueber.

Wieso ist heute denn ein guter Tag? Nun, ich habe meine Strategie geaendert, ganz unabsichtlich. Heute mittag habe ich auf dem Unicampus nach der Aula gesucht, wo eine Filmvorfuehrung stattfinden sollte. Zuerst bin ich auf eine Turnhalle gestossen, wo ein paar Timoresen Pingpong und Badminton spielten. Leider haben viele Timoresen die Gewohnheit, wenn man um Auskunft bittet, so zu tun, als ob sie Bescheid wuessten, auch wenn sie keine Ahnung haben. Ich frage also nach der Aula. Alle versichern mir, ja, das hier ist die Aula. Laeuft hier ein Film (Filem)? Ja, um fuenf. Sicher um fuenf? Nicht vielleicht um eins? Jaja, um eins.

Natuerlich kein Film weit und breit. Keine Leinwand in Sicht. Dann wurde ich auf der Suche nach der Aula in ein paar falsche Richtungen geschickt. Bis ich schliesslich auf ein Gruppe junger Maenner gestossen bin. Wir haben ein wenig auf, dann ueber Tetum geplaudert (sehr schneller Uebergang bedingt durch geringe Tetumkenntnisse meinerseits, ituan ituan), dann wurde es schnell politisch (ja, ich habe das Gespraech vorsichtig in diese Richtung gelenkt: Nun sagt mal, dieser Konflikt hier ...). Um es kurz zu machen: Das interessanteste Gespraech, das ich hier hatte. Ein Typ hat mir seine persoenliche Version der drei-Fronten-Theorie erlaeutert. Ehemalige Untergrundkaempfer (vor allem Studenten, jung, aus dem Westen), ehemalige Guerilleros (aelter, aus dem Osten) und Diplomaten (aus dem Exil, wo sie groessere Bildungschancen hatten) ringen um Macht und Einfluss. Okay, ich will jetzt nicht in Details gehen. Als Westosttimoresen (im Gegensatz zu Westtimoresen und Ostosttimoresen) sind die drei begeisterte Anhaenger von Alfredo Reinado, einem so genannten Rebellenanfuehrer, der waehrend der Krise desertiert ist und sich nun in den Bergen um Elmera verschanzt. Angeblich in Gewehrfeuerhoerweite von Dili. Wenn er Schuesse hoert, wird er nach Dili kommen, um mit den korrupten Politikern aufzuraeumen und fuer Gerechtigkeit zu sorgen, so sagt er. Der Typ ist hier eine Art Medienstar geworden, vielleicht kann ich ihn ja auch mal treffen.

Im Allgemeinen: Die Probleme in Osttimor ruehren von den vielen Egos her, die hier mitmischen. Die verschiedenen Fraktionen innerhalb der Timoresischen Gesellschaft, verschiedene Politiker und deren Familien, NGOs und UN-Agenturen, alle verfolgen eigene Interessen, die mit der Entwicklung des Landes nichts zu tun haben. Natuerlich kommen noch ein paar Sachen hinzu, ein Mangel an ausgebildeten Arbeitskraeften und an Bildung allgemein, so dass die Massen leicht manipuliert werden koennen. Und letzten Endes bedingen viele Probleme sich gegenseitig, und die Zusammenhaenge sind komplizierter. Aber wenn die Beteiligten ihre Eigeninteressen hintenan stellen wuerden, koennten alle anderen Probleme leicht geloest werden. Doch wahrscheinlich werden die Timoresen auf die naechste Generation warten muessen, die diese engen identitaeren Kategorien ueberwinden kann.

Das ganze Gespraech hat drei vier Stunden gedauert, dann habe ich die Jungs (Atino, Alito und einen schweigsamen Dritten) auf ein Bier eingeladen, und wir sind auf Motorraeder durch die Stadt gekrust.

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